Wann wird man endlich aufhören Waffen zu liefern und wann wird man den Grundsatz der Friedensbewegung, aus der sich die Partei zusammengesetzt hat, Frieden schaffen ohne Waffen, umsetzen.
Angesichts des Ukraine-Kriegs brauchen wir mehr „Wehrhaftigkeit“ – und die Bereitschaft des Westens, autokratischen Regimen wie Russland und China offen die Stirn bieten. „Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führt uns vor Augen, wie fatal es ist, wenn wir uns von Autokraten und außenpolitisch aggressiven Akteuren abhängig machen. Und wir stellen fest, wie existenziell eine ausreichende zivile und militärische Wehrhaftigkeit ist“, so heißt es im Leitantrag des Bundesvorstands für den Grünen-Parteitag im Oktober.
„Deshalb liefern wir Waffen an die Ukraine und wollen das auch weiterhin verstärkt tun, wo nötig auch aus den Beständen der Bundeswehr und der Industrie. Zur Wehrhaftigkeit gehört auch unsere Mitgliedschaft in der Nato“, so steht es weiter in dem Papier. Unser Co-Vorsitzender Omid Nouripour bekräftigte kürzlich die harte Linie gegenüber Moskau: „Gemeinsam mit unseren demokratischen Partnern in der Europäischen Union müssen wir uns der russischen Aggression entgegenstellen. Die Ukraine verteidigt auch unsere demokratischen Prinzipien, sie hat unsere volle Solidarität. Wir werden den Bruch des Völkerrechts durch Russland niemals akzeptieren“.
Solche Töne waren in unserer Partei vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine nur selten zu hören. Als sich unser damaliger Co-Vorsitzender Robert Habeck bereits im Mai 2021 für die Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine ausgesprochen hatte, wurde er noch von unseren Partei-Spitzen – einschließlich Annalena Baerbock – zurückgepfiffen.
Die „Zeitenwende“ ist nun auch bei uns Grünen voll angekommen. Der Pazifismus und der Widerstand gegen die Nato-Nachrüstung Anfang der 80er-Jahre gehörten zu den ideologischen Grundpfeilern unserer Partei.
Den militärischen Widerstand der Ukraine gegen Russland betrachten wir Grüne als übergeordneten Kampf für Freiheit und Demokratie. „Als Demokrat*innen verteidigen die Ukrainer*innen in diesem Krieg daher nicht nur ihr eigenes Territorium, sondern die Freiheit aller, die wir in Frieden und Freiheit, in Würde und einer multilateralen, auf Gleichberechtigung und dem Völkerrecht fußenden internationalen Ordnung leben wollen“, steht ebenfalls in dem Papier unseres Bundesvorstands.
Der Parteivorstand sieht im Einsatz von Waffen die Möglichkeit, sich politische Spielräume zu verschaffen: „Militär bringt niemals die Lösung, aber es schafft manchmal Zeitfenster, in denen Konflikte im Rahmen einer regelbasierten Weltordnung politisch gelöst werden können.“, und weiter: „Russland und China weisen beide, trotz erheblicher Interessenunterschiede, eine gemeinsame autokratische Haltung auf, die die völkerrechtlich verbriefte Gleichberechtigung aller Staaten ablehnt.“
Gleichzeitig verstehen wir uns unverändert als Friedenspartei. „Auch wenn militärische Mittel aktuell zur Verteidigung des Friedens und zur Solidarität mit den Menschen in der Ukraine unausweichlich sind, stehen wir im Sinne einer feministischen Außenpolitik langfristig für die Prinzipien von Abrüstung und Demilitarisierung sowie den Vorrang des Zivilen ein.“ Feministische Außenpolitik basiere auf dem Grundsatz, dass „Geschlechtergerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe Voraussetzungen für nachhaltigen Frieden und Sicherheit in der Welt“ seien.