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Thomas Fischer
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Frage von Fritz W. D. •

Frage an Thomas Fischer von Fritz W. D. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Fischer,

welche Konzepte haben die Gruenen die existenzbedrohende Verschuldung Berlins abzubauen? Muessen die Buerger dazu noch mehr Abstriche machen? Muess hier nicht der Bund mehr helfen? (Wie ging eigentlich die Klage in Karlsruhe aus? )

Waere nett, wenn Sie Zeit zu einer Antwort faenden.

Mfg

FRD

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Digmayer,

vielen Dank auch Ihnen für Ihre Frage.

Zunächst darf ich vorausschicken, daß das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung erst im Herbst dieses Jahres treffen bzw. verkünden wird, und zwar nach der Wahl am 17. September.

Ich bin wie Sie der Auffassung, daß Berlin einen Anspruch auf eine höhere finanzielle Hilfestellung durch den Bund hat, allein schon wegen seiner teilungsbedingten (und damals politisch gewollten) Subventionierung der Berliner öffentlichen Haushalte und Betriebe in beiden Stadthälften, die damit zu den heute drückenden Altlasten beigetragen hat. Auch spiegelt sich die Haupstadtfunktion Berlins meines Erachtens nicht adäquat im Berliner Haushalt wider.

Aber in der Hauptsache liegt die Problematik nach unserer Meinung ganz woanders: Die Ausgabenstruktur des Berliner Haushalts kann nicht einfach so weitergeführt werden, wie es Klaus Wowereit mit seinem Spruch „Sparen bis es quietscht“ meinte, auf den Punkt bringen zu können. Dieses „Weiter so - wenn auch auf abgesenktem Niveau“ ist schlicht und einfach konzeptions- und damit zukunftslos. Es darf keine „Sparpolitik“ betrieben werden, die überall unterschiedslos kürzt und beispielsweise damit der Jugend ihre Bildungschancen kaputtmacht.

Das bedeutet, daß staatliche Mittel über den Haushalt wesentlich effizienter bereitgestellt werden müssen, als die Gesamtleistungen oder Ausgaben einfach nur um eine Prozentsatz X zu kürzen. Also, in Zukunft muß mehr Geld für eine nachhaltige und unerläßliche Zukunftsgestaltung zur Verfügung gestellt werden und dafür weniger für Personal, Verwaltung, Landesunternehmen, Subventionen oder Prestigeobjekte ausgegeben werden.

Das heißt für uns ganz konkret, daß die Verwaltungsreform vorangetrieben werden muß, um doppelte Zuständigkeiten und damit Kosten zwischen Senatsverwaltung und den Bezirken entscheidend zu verringern. Die Gebäude- und IT-Kosten des Landes sind weiter zu senken, insbesondere durch den Einsatz energiesparender Technik, ich denke dabei an eine umfassende Ausrüstung der Verwaltungsgebäude, Schulen und Schwimmbäder mit Solaranlagen. Das entlastet die Umwelt und verringert dauerhaft die Energiekosten des Landes.

Der Personalbestand des Landes ist unbedingt auf das betriebsnotwendige Maß von ca. 100.000 Vollzeitstellen zu senken. Vergleichsweise werden in Hamburg die Aufgaben dieser Metropole bezogen auf die Einwohnerzahl von einem Drittel weniger Landesbediensteten erledigt, als dies in Berlin der Fall ist. Man kann nun wirklich nicht behaupten, daß deswegen bei den Hanseaten alles drunter und drüber geht.

Bündnis 90/Die Grünen lehnen es auch entschieden ab, die Verluste von Landesunternehmen aus Steuermitteln zu begleichen. Egal, ob Bankgesellschaft (Risikoabschirmung!), BVG oder Wasserbetriebe, oder wenn man das spezifische (West-) Berliner System der Wohnungsbauförderung betrachtet, Steuergelder sind für deren Sanierung schlicht zu schade. Verluste in den Vermögenshaushalten dieser Landesunternehmen sind dann notfalls auch durch eigene Vermögensverkäufe zu decken, am Ausstieg aus der bisherigen Wohungsbauförderung halten wir fest.

So wie Hamburg seinen Hafen hat, so hat Berlin mit seinen 3 Universitäten, diversen Fachhochschulen und unzähligen kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen eine in Deutschland einzigartige Kultur- und Wissenschaftslandschaft. Darin liegt die Zukunft Berlins, wie man beispielsweise am Wissenschafts- und Forschungsstandort in Adlershof (WISTA) sehen kann, wo in gut 400 technologieorientierten Unternehmen und 12 außeruniversitären Forschungseinrichtungen fast 12.000 neue Arbeitsplätze entstanden sind.
Im Unterschied zu den anderen Parteien fordern wir, daß jeder fünfte zusätzlich eingenommene Euro aus der Mehrwertsteuer-Erhöhung, daß sind nach gegenwärtigen Prognosen etwa 100 Millionen Euro für Bildungsausgaben verwendet werden soll, vom Kindergarten über die Schule und Berufsausbildung bis zur Universität.

In diese Richtung müssen die Weichen für eine Haushaltskonsolidierung gestellt werden, damit die Potentiale Berlins gestärkt werden und damit das Land Berlin in die Lage versetzt wird, seine Aufgaben langfristig aus eigener Kraft zu finanzieren. Dann bestehen nach meiner Ansicht auch gute Chancen, daß den Bürgern hier in Berlin keine weiteren Abgaben zugemutet werden müssen, allein die von der Großen Koalition beschlossene Mehrwertsteuer-Erhöhung ist schon ärgerlich genug.

Abschließend darf ich an unser Wahlprogramm erinnern ( http://gruene-berlin.de/site/wahlprogramm.0.html ), dem Sie viele weitere Anregungen entnehmen können.

Ich stehe gern für weitere Fragen zur Verfügung und verbleibe für heute
mit freundlichen Grüßen

Thomas Fischer