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Thilo Hoppe
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Frage von Birte S. •

Frage an Thilo Hoppe von Birte S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Hoppe,

da ich bei der Wahl meiner Erststimme noch unentschlossen bin, möchte ich Sie zu Ihrer Meinung zu Biogasanlagen befragen. Ich bin vor 20 Jahren mit meinem Mann und unseren 3 kleinen Kindern nach Ostfriesland wegen der guten Luft gezogen. Seit der Inbetriebnahme einer Biogasanlage Ende Juni dieses Jahres in Hage kann man nicht mehr von einem "Luft"Kurort sprechen. Ich fühle mich nicht nur durch den penetranten Gestank belästigt, sondern reagiere teilweise auch asthmatisch, vermutlich auf den Hühnerkot, der dort auch verbrannt wird. Was werden Sie als Politiker für meine Gesundheit und die Urlauber im Luftkurort Hage tun?

Mit freundlichen Grüßen
Birte Stalbohm-Hentschel

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Stalbohm-Hentschel,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Lassen Sie mich zunächst einige grundsätzliche Anmerkungen machen zu Ihrer Frage, wie wir GRÜNE und ich als Direktkandidat zu Biogasanlagen stehen.

Die Energiewende, die wir und mehr als ¾ der deutschen Bevölkerung wollen, darf nicht zu Lasten der weltweiten Ernährung, des Naturschutzes oder der Gesundheit gehen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Erzeugung und den Import von Biomasse an die Einhaltung strenger Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards zu binden. Auch in Deutschland ist die weitere Biomassenutzung aufgrund der Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, stofflichen Nutzung und zu Naturschutz- und Erholungszwecken sehr begrenzt. Die beschränkte Menge Biomasse, die zur Stromerzeugung zur Verfügung steht, muss primär dazu dienen, die schwankende Stromproduktion aus Wind und Sonne auszugleichen. Dem übertriebenen Maisanbau, den Fehlsteuerungen in der Agrar- und Energiepolitik der letzten Jahre zu verantworten haben, wollen wir entgegenwirken. Daher werden wir die Rahmenbedingungen im EEG so ändern, dass die Förderung von Biogasanlagen sich künftig auf die Verwertung biogener Reststoffe konzentriert und Anreize geschaffen werden, von Monokulturen auf Anbau in Fruchtfolgen und auf ökologisch und landschaftlich attraktive Energiepflanzen (z.B. Blühpflanzenmischungen, Kleegras) umzustellen. Dies hätte zur Folge, dass sich auch die Verbrennungsmassen in den Anlagen insgesamt diversifizieren würden. Dass derzeit auch der Verbrennungsanteil von Gülle in den Anlagen relativ hoch ist, ist der Tatsache geschuldet und direkte Folge davon, dass die industrielle Massentierhaltung – gerade im Nordwesten und hier ganz besonders im Raum Cloppenburg/Vechta – große Mengen auch an Geflügelkot produziert, der vor allem an die größeren Anlagenbetreiber (und die Biogasanlage der EWE und Agri Capital bei Ihnen in Hage ist mit einem Versorgungsvolumen von rd. 1700 Haushalten eine größere) abgegeben wird.

Wir GRÜNE halten dieses bestehende System der Massentierhaltung aus tierschutzethischen, immissionsrechtlichen und gesundheitlichen Gründen für nicht weiter verantwortbar. Deshalb wollen wir auch die Errichtung neuer Riesenställe und Megamastanlagen stoppen. Das Kontrollsystem in der Tierhaltung muss deutlich verbessert werden. Gülle aus Intensivtierhaltungen und Gärreste aus Biogasanlagen müssen auf ihre Belastung mit gefährlichen Keimen hin untersucht werden, um gegebenenfalls Schutzmaßnahmen ergreifen zu können. Wenn wir die nun mit ROT-GRÜN in Niedersachsen eingeläutete sanfte Agrarwende hin zu einer wieder mehr bäuerlichen Mischlandwirtschaft mit kleineren Betrieben, mehr Fruchtfolgen auf den Äckern und mehr Mist als Gülle schaffen, so wirkt sich dies auch positiv auf die Verbrennungszusammensetzung in den Biogasanlagen aus.

Außerdem wollen wir GRÜNE, dass nur kleinere Biogasanlagen eine höhere Grundvergütung erhalten. D.h. Anlagen bis zu einer Nennleistung von 75 kWel sollen eine eigene Grundvergütung in Höhe von mindestens 18 Cent erhalten. Die Förderung ist an die Gülle- und Festmistmengen eines durchschnittlichen landwirtschaftlichen Betriebes anzupassen. Eine 50 kW-Anlage entspricht z.B.
200 Kühen plus Gras, statt Mais. Gülle aus der gewerblichen Massentierhaltung soll keine Boni erhalten!

Normalerweise dürfte bei einem funktionierenden Anlagenbetrieb im Zuge der Gülleverbrennung eigentlich keine besondere Geruchsbelastung entstehen. Möglicherweise bedingt sich der penetrante Geruch, unter dem Sie zu leiden haben, aber eben auch aus größeren Anlieferungsmengen der Gülle vor Ort. So oder so gibt es aber auch gesetzlich festgelegte Immissionsgrenzwerte – auch für Biogasanlagen. Sie könnten sich also auch an das Amt für Bauordnung, Planung und Naturschutz des Landkreises Aurich wenden, um klären zu lassen, ob die Geruchsbelastung und Immission Grenzwerte übersteigt. Hierfür wäre gegebenenfalls auch die Erstellung eines „Belastungs-Protokolls“ hilfreich, in welchem Sie über einen gewissen Zeitraum besondere geruchliche Beeinträchtigungen oder gar gesundheitliche Auswirkungen wie Ihre asthmatischen Reaktionen festhalten.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort fürs Erste wenigstens ein wenig weiterhelfen, und Ihnen meine Position zu Biogasanlagen darlegen konnte. Sollten Ihre Bemühungen beim Landkreis Aurich für Sie keine Abhilfe bringen, können Sie sich gerne wieder an mich wenden.

Ihnen und Ihrer Gesundheit wünsche ich dennoch alles Gute!

Herzliche Grüße
Ihr

Thilo Hoppe