Frage an Thilo Hoppe von Yves B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Hoppe,
am 20. Oktober hat das Polit- und Kulturmagazin „quer“ des Bayrischen Rundfunks einen Beitrag zum Thema Lebensmittelspekulation gesendet, in dem schwerste Vorwürfe gegen daran beteiligte Akteure des Finanzmarkts erhoben werden, namentlich u.a. große Institute wie die Allianz, die Commerzbank und die Deutsche Bank.
Angesichts des Wachstums der Weltbevölkerung bei begrenzter Anbaufläche werde es immer lukrativer, Grundnahrungsmittel virtuell aufzukaufen, um dadurch die Preise künstlich in die Höhe zu treiben und die Differenz beim Wiederverkauf abzuschöpfen. Diese Art der Spekulation sei ohne volkswirtschaftlichen Wert, steige aber seit einigen Jahren immer weiter an. Dadurch würden nicht nur Bauern oder Müller Risiken extremer Preisschwankungen ausgesetzt, sondern sogar Hungersnöte ausgelöst. In Kenia etwa sei momentan die an sich weitgehend ausreichende Nahrung bloß unerschwinglich teuer. Inzwischen begännen Spekulanten schon, auch Ackerland zu kaufen, um ihre Kontrolle der Lebensmittelpreise auszubauen.
Ich bitte um Auskunft, was Sie als MdB, Mitglied des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dafür tun möchten, dass die Bundesrepublik nach innen wie außen die ihr möglichen Schritte zur Unterbindung dieses Millionen Menschenleben bedrohenden Bereicherungssystems ergreift.
Mit freundlichen Grüßen
Yves Busch
Sehr geehrter Herr Busch,
entschuldigen Sie vielmals die späte Antwort auf Ihre Frage.
Die Spekulation mit Nahrungsmitteln ist für mich ein bedeutendes Thema, mit dem ich mich schon länger beschäftige. Im Dezember 2010 richteten wir ein internes Fachgespräch dazu aus, um uns zunächst selbst umfassend zu informieren. Daraufhin habe ich einen Antrag zur Agrarspekulation angestoßen, den mein Büro gemeinsam mit Agrar- und Finanz-FachpolitikerInnen unserer Fraktion erarbeitete. Nach umfassender Abstimmung mit externen ExpertInnen haben wir ihn im Mai in den Bundestag eingebracht ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/059/1705934.pdf ). Er erhielt als detailliertester und weitgehendster Antrag zur Einschränkung der exzessiven Spekulation auf den internationalen Agrarrohstoffmärkten viel positives Feedback.
Im Vorfeld des G20-Agrarministergipfels im Juni rief ich erneut dazu auf, effektive Maßnahmen zu ergreifen: http://www.gruene-bundestag.de/cms/presse/dok/384/384231.g20agrarministertreffen_spekulation_mit.html
Ebenfalls im Juni fand dann auf unser Drängen hin eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Thema statt. Eine weitere Anhörung ist im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in naher Zukunft geplant.
Es ist moralisch deutlich zu verurteilen, sich am Hunger und der Mangelernährung Anderer zu bereichern. Daher werde ich das Thema weiter aktiv verfolgen und die Bundesregierung dazu drängen, sich auf europäischer Ebene bei der Reform der Finanzmarktrichtlinie und -verordnung für strenge Regeln und Formulierungen einsetzen soll.
Sie sprachen auch den Aufkauf bzw. das Pachten von Ackerland an, ein Phänomen das häufig mit dem Schlagwort "Landgrabbing" betitelt wird. Diese großflächigen Investitionen in Land, vor allem in Entwicklungsländern, hat seit 2008 massiv zugenommen und stellen eine große Herausforderung für die Entwicklungspolitik dar. Häufig werden dadurch Kleinbäuerinnen und -bauern, Viehhalter oder indigene Gemeinden von ihrem Land vertrieben, die lokale Ernährungssicherheit gefährdet oder weiter verschlechtert und Biodiversität zerstört. Ich habe zu dieser Problematik bereits in der 16. Wahlperiode einen Antrag eingereicht ( http://dserver.bundestag.btg/btd/16/127/1612735.pdf ) und setze mich auch weiterhin in diesem Bereich ein, u.a. durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Sie können hierzu auch gerne auf meiner Homepage stöbern: www.thilo-hoppe.de
Wenn Sie noch Rückfragen haben, wenden Sie sich gerne erneut an mich.
Entschuldigen Sie nochmals die verspätete Beantwortung,
mit freundlichen Grüßen,
Thilo Hoppe