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Thilo Hoppe
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Frage von Michael H. •

Frage an Thilo Hoppe von Michael H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Betreff: Monatskarten Bus

Sehr geehrter Herr Hoppe
Mein Sohn besucht z.Z. die Berufsfachschule Norden. Zuvor hat er die Hauptschule Großheide besucht und hat durch eigene Leistung, in der 10. Klasse, den Realschulabschluß erzielt.
Nun wird dieser Junge, im Schluß auch die Eltern, damit bestraft, das er Realschulabschluß hat.
Die Kosten für Busfahrkarte (50,-€/monatl.) zur Berufsfachschule müssen nur Realabschlußschüler selbst tragen. Hauptschüler sind von diesen Kosten ausgenommen. Es wird auch keine Differenzierung der Einkommen der Eltern bei Hauptschülern / Realschülern vorgenommen.
ANMERKUNG:
Bei Antrag können Eltern, deren Kind Realschulabschluß hat, und die Hartz IV beziehen die Kosten erstattet bekommen.

Mir geht es aber um die Gerechtigkeit und das junge Menschen sehen, das sich Leistung lohnt. Dies wird mit dem o.a. Erlaß über den Haufen geschmissen. Hier wird einfach gesagt, wer bessere Bildung hat zahlt. Bedeutet gleichzeitig, Eltern mit höheren Einkommen, Kind aber Hauptschüler, zahlt nicht. Eltern mit geringen Einkommen (kein Hartz Empfänger), Kind Realschüler, zahlt.
Soll das sozial gerecht ausgewogen sein?

Mit freundlichem Gruß

M. Hagedorn

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hagedorn,

für die Ausgestaltung des Niedersächsischen Schulgesetzes ist der Niedersächsische Landtag in Hannover zuständig, nicht der Bundestag. Dennoch finde ich es toll, dass Sie abgeordnetenwatch.de nutzen, um direkten Kontakt mit mir aufzunehmen. Daher habe ich ein wenig für Sie recherchiert.

Der Landkreis Aurich richtet sich in seiner Satzung über die Schülerbeförderung vom 17.09.2009 nach §114 des Niedersächsischen Schulgesetzes. Demnach besteht ein Anspruch auf Beförderung zur Schule bzw. auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg, wenn der Schulweg für Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereiches I mehr als 3 km beträgt. Damit Sie den Wortlaut nachlesen können, habe ich die Satzung als Anlage beigefügt (einfach auf den Link unten klicken).

Mir ist bewusst, dass Ihnen der trockene Verweis auf Paragraphen nicht zufriedenstellend erscheinen mag -- Sie fragen sich zurecht kritisch, ob das entsprechende Gesetz sozial ausgewogen ist. Hierzu merke ich an, dass bei der Schülerbeförderung ganz bewusst nicht unterschieden wird, ob Ihr Sohn auf die Hauptschule, die Realschule oder das Gymnasium geht. Daher wird er nicht lediglich aufgrund der Ursache „betraft“, dass er einen Realschulabschluss vorweisen kann. Laut Satzung ändern sich die Anspruchsvoraussetzungen nach Abschluss des Sekundärbereichs I wie folgt: Besitzen bis zur 10. Klasse alle Schülerinnen und Schüler, deren Schulweg mehr als 3 km beträgt, Anspruch auf Erstattung, so werden die Aufwendungen für den Schulweg bei Sekundarstufe-II-Schülerinnen und Schülern erstattet, wenn der Schulweg mit Bewilligung von Leistungen zur Sicherheit des Lebensunterhaltes oder Wohngeldanspruch mehr als 4 km beträgt. Laut Gerold Kayser, der im Landkreis für die Schülerbeförderung zuständig ist, geht diese Ausnahmeregelung über die Forderungen des Landtags hinaus.

Ich verstehe Ihren Unmut über diese scheinbar willkürliche Entscheidung. Allerdings finde ich das Resümee: „Eltern mit höheren Einkommen, Kind aber Hauptschüler, zahlt nicht. Eltern mit geringen Einkommen (kein Hartz Empfänger), Kind Realschüler, zahlt“ aufgrund der geschilderten Umstände unzutreffend. Alle (!) Jugendlichen, die eine weiterführende Schule besuchen, sind betroffen!

Daher bleibt das Streitthema weiterhin die gesamte Schülerbeförderung in der Sekundarstufe II (gleich, ob Berufsfachschule oder Gymnasium). Die Grünen im Landtag nehmen hierzu klar Stellung. Sie fordern zum Beispiel einen Sozialfonds, der es den Schulen und Kommunen vor Ort ermöglichen würde, die dringendsten Bedarfe, die im Schulbereich auftauchen, in Gesamt-Niedersachsen zu befriedigen und die Menschen vor Ort zu unterstützen - gerade bei der Schülerbeförderung von Schülerinnen und Schülern ab der 11. Klasse.

Miriam Staudte, die für die Grünen im Landtag sitzt, hat vor zwei Wochen eine Pressemitteilung herausgegeben, die auf Ihre Frage eingeht. Darin sagt Sie: „Es kann nicht sein, dass das Abitur oder der Besuch einer Berufsfachschule daran scheitert, dass sich die Eltern die Bus- und Bahnfahrkarten nicht leisten können.“ Als ersten Schritt müsse deshalb zumindest für die Kinder aus ärmeren Familien die Kosten für die Fahrt zur Schule von den öffentlichen Haushalten getragen werden. Die Landtagsfraktion der Grünen habe sich bereits seit Jahren dafür eingesetzt, hierfür beim Land einen Sozialfonds einzurichten. Auch Miriam Staudte erklärt: „Dass die Kostenübernahme für den Schülertransport mit der 10. Klasse endet, ist mit nichts zu begründen, umso weniger, als die Schulpflicht ja 12 Jahre beträgt.“ Wie Sie richtig angemerkt haben, explodieren vor allem in ländlichen Gebieten die Kosten für Monatskarten im Nahverkehr. Aufgrund der mitunter großen Entfernungen kann man den Schülerinnen und Schülern nicht immer zumuten, auf ihr Fahrrad umzusteigen.

Bei einer vorgeschriebenen Pauschale für die Schülerbeförderung von rund 20 Euro im Arbeitslosengeld II können es sich viele Eltern einfach nicht leisten, von den ohnehin knappen Sätzen zusätzlich jeden Monat noch 30 Euro und mehr für die Fahrkarte auszugeben. Sie haben ganz richtig darauf hingewiesen, dass unser Landkreis hier weiter ist als andere: in einem solchen Fall werden die Kosten gedeckt. Dies heißt allerdings nicht, dass man sich auf den erreichten Zielen ausruhen darf. Die Grünen im Landtag befürchten als Konsequenz der derzeitigen Situation ebenso wie Sie, dass Kinder von Eltern mit geringem Einkommen den besseren Bildungsabschluss nicht machen können. „Das ist nicht nur sozial- und bildungspolitisch skandalös, das ist auch wirtschaftspolitisch dumm, weil wir gut ausgebildete junge Fachkräfte dringend brauchen“, darf ich Miriam Staudte ein weiteres Mal zitieren.

Für die Beantwortung Ihrer Frage habe ich sowohl mit Referenten im Landkreis als auch im Niedersächsischen Landtag gesprochen. Auf lokaler Ebene helfen Ihnen die Mitarbeiter der Abteilung Mobilität/Schülerbeförderung des Landkreises Aurich (Telefon: 04941/16-8080) sicherlich gerne weiter. Ich ermutige Sie herzlich: Machen Sie weiter Druck von unten! Sie können sich in Ihrem Anliegen der politischen Unterstützung der Niedersächsischen Grünen sicher sein. Wir arbeiten weiter hart an unserer Forderung: kostenlose Schülerbeförderung auch in der Oberstufe!

Mit freundlichen Grüßen

Thilo Hoppe