Frage an Theresa Schopper von Anja M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Schopper,
Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern – so steht es im SGB V § 27 geschrieben. Dieses Recht wird vielen Borreliose-Patienten oftmals verweigert.
Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Infektionskrankheit. Jedes Jahr erkranken je nach Datenlage zwischen 214.000und 800.000 Menschen neu. Wird eine Borreliose zu spät erkannt oder ungenügend behandelt, mündet sie häufig in eine langwierig verlaufende Multi-Organ-Erkrankung.
Meine Fragen:
?1) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Lyme-Borreliose als „public health“-relevante Zoonose in Deutschland endlich Bestandteil der nationalen „Roadmap“ wird?
2) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung Borreliose-Forschungsprojekte und Langzeittherapie-Studien implementiert werden, damit man neue Behandlungsformen entwickeln kann?
3) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Borreliose-Diagnosen grundsätzlich mit dem Grad der Behinderung (GdB) in die Versorgungsmedizin-Verordnung aufgenommen werden?
4) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Borreliosefälle bundesweit als Praxisbesonderheit gemeldet werden können, damit niedergelassene Ärzte nicht um ihre Existenz fürchten müssen, wenn sie Borreliose-Patienten behandeln?
5) Werden Sie sich für eine bundesweite Meldepflicht aller (!) Krankheitsmanifestationen der Lyme-Borreliose einsetzen?
Über 7000 Menschen haben einen offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Bahr mitunterzeichnet, in dem u. a. eine bessere medizinische Versorgung, eine standardisierte, zuverlässige Diagnostik und Langzeittherapie-Studien gefordert werden: http://onlyme-aktion.org/mitmachen/aktuelle-aktionen/borreliose-offener-brief-an-bundesgesundheitsminister-daniel-bahr/
Ich freue mich auf Ihre Antwort, vielen Dank & mit freundlichen Grüßen??
Anja Maurer
Sehr geehrte Frau Maurer,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Engagement für Borreliose-Erkrankte. Wir erkennen, dass im Bereich der Diagnose und der Behandlung von Lyme-Borreliose ein erheblicher Nachbesserungsbedarf besteht. Durch die Klimaerwärmung werden wir in Zukunft mit noch stärker steigenden Infektionszahlen konfrontiert sein. In der Wissenschaftsdiskussion herrscht aktuell ein handfester Richtungsstreit, der mit großer Vehemenz ausgefochten wird. Wir anerkennen in dieser Gemengelage das Bemühen von OnLyme um eine Versachlichung der Diskussion.
Wir halten die Argumente, die OnLyme zusammengetragen hat und die wissenschaftliche Basis, auf die sie sich beziehen für so hochwertig, dass das Versorgungsgeschehen deutschlandweit überprüft werden müsste. Wir befinden uns aktuell in der internen Abstimmung zwischen Bundestagsfraktion und Landtagsfraktionen, welches Vorgehen genau zu wählen ist. Dass Handlungsbedarf besteht, steht jedoch eindeutig fest. Wir wollen, dass wir auch bei bisher nicht abschließend beforschten Erkrankungen die Versorgungsqualität beständig verbessern. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse sollen zeitnah den Weg in den Versorgungsalltag finden. Im Fall der Lyme-Borreliose wünschen wir uns ein Bund- und Länderübergreifendes Verfahren der wissenschaftlichen und politischen Willensbildung wie die Versorgung zukünftig gestaltet werden soll. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir ausdrücklich Ihre Forderung nach mehr Forschung in diesem Bereich. Auch eine bundesweite Meldepflicht für Krankheitsmanifestationen halten wir für sinnvoller, als die Meldepflicht auf Landesebene mit dem Ziel regionale Infektionshäufigkeiten zu identifizieren. Hier hat sich in den Ländern, die diese Meldepflicht bereits eingeführt haben gezeigt, dass Daten erhoben werden, aus denen sich keine weiteren Schlüsse ableiten lassen.
Eine Meldepflicht könnte daher zwar die Aufmerksamkeit gegenüber der Erkrankung erhöhen, es ist jedoch keineswegs sicher, dass sich damit die Datenlage entscheidend verbessern ließe. Eine Meldepflicht wäre nicht nur sehr aufwändig in der Umsetzung, die Meldedaten unterliegen auch sehr vielen verschiedenen Einflussfaktoren. Sie führen erfahrungsgemäß häufig ebenfalls zu einer Unterschätzung der Problematik und sind häufig nicht belastbar. Es bleibt zudem der Nachteil, dass anders als bei Mensch-zu-Mensch-Übertragungen oder bei der Tollwut-Erkrankung die Gesundheitsämter hier keine geeigneten Gegenmaßnahmen ergreifen können, um eine Weiterverbreitung der Infektionen zu verhindern und die Bevölkerung zu schützen.
Wie Sie sehen bin ich weiterhin skeptisch, was die Sinnhaftigkeit einer Meldepflicht für Borreliose-Erkrankungen angeht. Ich verlasse mich bei meiner Meinungsbildung stark auf die wissenschaftliche Einschätzung beispielsweise des Robert-Koch-Instituts oder des Nationalen Referenzzentrums für Borrelien am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und auch diese beiden Akteure kommen zu einer ähnlichen Einschätzung. Ich werde aber an diesem Thema dranbleiben.
Mit freundlichen Grüßen,
Theresa Schopper