Frage an Theresa Schopper von Tobias L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Schopper,
gestern habe ich mit Freunden in größerer Runde darüber diskutiert, ob Handel mit nicht-demokratischen Regimes, welche die Menschenrechte nicht achten, von der Politik unterstützt oder unterbunden werden sollte. Dabei haben wir festgestellt, dass dieses Thema eine sehr wichtige Frage der kommenden Wahl für uns ist.
Gerade im Hinblick auf die kommende Wahl wäre es für uns interessant, Ihre Meinung hierzu zu kennen. Ihre Antwort könnte unter Umständen entscheiden, wo wir unser Kreuz setzen werden.
Ich würde mich über eine ausführliche Antwort freuen!
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Loer
Sehr geehrter Herr Loer,
vielen Dank für Ihr Interesse an der Arbeit der (Bayerischen) Grünen. Sie fragten mich nach der Legitimität von wirtschaftlichen Beziehungen mit nicht-demokratischen Regimes, die oftmals die Menschenrechte nicht nach unserem Verständnis auslegen.
Grundsätzlich stehen wir Grünen auf Landes-und Bundesebene nicht-demokratischen Regimes sehr skeptisch und kritisch gegenüber. Daher gilt für uns, dass es mit autoritären Regimen keinen Schulterschluss geben darf.
Auf Bundesebene versuchen wir schon lange, die Regierung über Anfragen und Anträge zu klaren Aussagen diesbezüglich zu bewegen. Wir haben beispielsweise mehrmals über sogenannten Hermesbürgschaften, Investitionsgarantien und Ungebundene Finanzkredite im Bundestag nachgefragt, ob bei diesen Geschäften mit nicht-demokratischen Staaten die Rolle der Menschenrechte eine angemessene Stellung in den Verhandlungen einnimmt, ob indigene Gruppen geschützt werden, regionale NGOs einbezogen werden, etc.
Wir sind der Meinung, dass in der Entwicklungszusammenarbeit verbindliche Vereinbarungen geknüpft werden müssen, die auch eine menschenrechtliche Agenda umfassen. Denn bei Menschenrechtsverletzungen darf es keinen Rabatt geben, weder wegen wirtschaftlicher, politischer noch religiöser Interessen. Doppelte Standards lehnen wir strikt ab. Menschenrechte gelten für alle Menschen, überall und jederzeit. Sie sind unteilbar.
Deshalb ist unsere gesamte Politik an den Menschenrechten ausgerichtet und daher auch der Handel mit nicht-demokratischen Regimes.
Militärischen Deals mit nicht demokratischen Staaten stehen wir bekanntermaßen sehr differenziert gegenüber – vor allem vor dem Hintergrund der massiven Waffenverkäufe der Regierung Merkel in den vergangenen Jahren. Für die Grünen kann eine menschenrechtsorientierte restriktive Rüstungsexportpolitik nur mit mehr Transparenz, vollständiger Erfassung, Veröffentlichung und Verifizierung des Endverbleibs sowie mit parlamentarischer Kontrolle erfolgen.
Für weitere Informationen möchte ich Sie gerne an den Arbeitskreis 4 der Grünen Bundestags-Fraktion verweisen, der sich mit Außenpolitik und auswärtiger Kulturpolitik, Menschenrechten & Humanitärer Hilfe, Entwicklungspolitik, Verteidigung und Europa beschäftigt. Die GRÜNE Bundestagsfraktion hat interessanterweise am 15. Januar 2013 das Positionspapier „Für eine Neuausrichtung der Europäischen Handels- und Investitionspolitik am Leitbild einer menschenrechtsbasierten nachhaltigen Entwicklung“ verabschiedet. Den Fraktionsbeschluss können Sie hier herunterladen:
http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Beschluss_Globalisierung.pdf
Im Beschluss ist unter anderem festgelegt, dass alle Abkommen verbindliche Klauseln enthalten müssen, die sich auf die Auswirkungen der Abkommen selbst beziehen und strenge Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialkriterien einbeziehen. Im Falle von systematischen Verletzungen sollten sie zur Aussetzung des Abkommens führen beziehungsweise darf es erst gar nicht zu einem Abschluss kommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Theresa Schopper