Frage an Thea Kleinert von Karsten S. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrte Frau Kleinert,
am Sa., 14.05. war ich Zeuge des kulturpolitischen Gesprächs in der Schwankhalle. Darin haben Sie die Schuldenbremse etwas unpräzise, aber mir nicht unsympathisch als neoliberal bezeichnet (und ernteten entsprechende Einwände der FDP- und CDU-Vertreter). Auch kritisierte die Grünen-Abgeordnete die Partei Die Linke dafür, dass sie "immer nur versprechen, dass es mehr Geld gäbe, aber nie erklärten, wo sie das Geld hernehmen".
Sehen Sie in den beiden Aspekten - neoliberale Austeritätspolitik des Bundes und Einnahmeprobleme des Bundeslandes - eine Verbindung und wie wollen Sie sich hierzu positionieren?
Ohne selbst eine Antwort darauf zu haben, möchte ich Sie fragen, wie Sie mit der faktischen Situation des Bundeslands Bremen - hier Einnahmeprobleme, dort Schuldenbremse - umgingen (SPD und Grüne nehmen ja für sich in Anspruch, auf genau diese Lage realpolitisch zu reagieren, indem sie eine mildere Sparpolitik betreiben und versuchen, private Ressourcen in Form von Geld oder Personen zu aktivieren). Wie sähe bei Ihnen der Kulturetat aus, wo nähmen Sie höhere Fördergelder für öffentliche Infrastrukturmaßnahmen her?
Ich danke Ihnen für Ihre Mühen und Ihre Antwort im Voraus,
Karsten Stempel.
Sehr geehrter Karsten Stempel,
vielen Dank für Ihr Interesse und die Nachfragen. Da ich keine Haushalts- und Finanzexpertin bin, ein Antwortversuch: Bremen ist chronisch unterfinanziert. Da es seit 1994 Haushaltsnotlageland ist und auf Zuweisungen des Bundes angewiesen war und ist, mußte Bremen bereits sparen,Bremen gibt heute inflationsbereinigt 1 Mia. € weniger aus als 1994. Um seine Aufgaben durchführen zu können, sind wir der Auffassung, dass weitere Einsparungen im öffentlichen Haushalt, insbesondere bei den konsumtiven Ausgaben für Bildung, Soziales und Kultur nicht haltbar sind. Die sogenannte Schuldenbremse (was für ein Begriff!) wird von uns abgelehnt. Natürlich muss Bremen auch weiterhin Kredite aufnehmen können, sonst bricht unser Gemeinwesen zusammen. Die Altschulden sind salopp formuliert "auszubuchen", seriös formuliert vom
Bund zu übernehmen und durch Sondersteuern auf Vermögen und eine Bankenabgabe zu begleichen, denn Bremen kann sie in absehbarer Zeit nicht tilgen. Wir wollen, dass sich Bremen im Bundesrat dafür einsetzt, dass die Einnahmesituation der Stadtstaaten verbessert wird, denn auch Berlin und Hamburg haben mit einer hohen ProKopf-Verschuldung zu kämpfen. Bremen braucht einen verfassungskonformen Länderfinanzausgleich. Wir wollen neben einer Vermögens- und Finanztransaktionssteuer, dass die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer mit einem erweiterten Kreis von Steuerpflichtigen ausgebaut wird.
In Bremen ist zu prüfen, ob die ausgegründeten Gesellschaften wie zum Beispiel die BIG nicht wieder einzugliedern sind in den öffentlichen Dienst. Auch eine genaue Prüfung der Ausgaben im Ressort Wirtschaft ist sinnvoll, hier finden sich sicher noch Möglichkeiten für eine Umverteilung hin zu Kultur und Bildung. Kredite aufzunehmen ist unserer Meinung nach notwendig, um das Überleben Bremens zu sichern und es lebenswert zu halten. Ein weiterer Beitrag, ist die aktive Bekämpfung der ausgeuferten Leiharbeit und dem Niedriglohnsektor im Land Bremen. Ein Beispiel: Seit Jahren fördert das Land Bremen in seiner Arbeitsmarktpolitik die Ausbildung zum Windenergietechniker. Anschließend findet man auch Arbeit in dieser Branche, aber über Zeitarbeit zu tariflich schlechten Bedingungen.
Mit freundlichen Grüßen
Thea Kleinert