Frage an Tanja Gönner von Waldemar S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Gönner,
ich verfolge mit Sorge die aktuellen Ereignisse in Japan/Fukushima. Man sollte annehmen, dass eine hochentwickelte Industrienation wie Japan die Technologie Kernkraft unter Kontrolle hat. Nun bin ich äußerst beunruhigt, dass dies offensichtlich nicht der Fall ist.
Mir ist klar, dass Erdbeben hierzulande wesentlich seltener sind. Das
Erdbeben im Schwarzwald von 2004 (5,4 auf der Richterskala) habe ich aber noch gut in Erinnerung, es hat mich damals sehr erschreckt. Daher habe ich ein paar Fragen:
a) Können Sie mir sagen bis zu welcher Erdbebenstärke und -dauer die baden-württembergischen Kernkraftwerke sicher sind?
b) Bei einem Ausfall des Stromnetzes - wie in Japan über längere Zeit - wie lange kann die Kühlung in hiesigen Kraftwerken sichergestellt werden?
c) Sind die Kraftwerke auch gegen Überschwemmungen geschützt?
d) Wie verhält es sich beim Absturz etwa eines gewöhnlichen
Passagierflugzeuges, überstehen die Kraftwerke auch dies?
e) Falls dies derzeit nicht der Fall ist, werden die Kraftwerke, z. B.
Neckarwestheim entsprechend nachgerüstet?
Schöne Grüße
Waldemar Schwarz
Sehr geehrter Herr Schwarz,
nicht zuletzt findet vor dem Hintergrund der Geschehnisse in Japan eine sehr intensive und auch öffentlich geführte Debatte über die Kernkraft und insbesondere auch die Frage statt, inwieweit die vorhandenen Sicherheitsreserven überprüft werden müssen. Die Landesregierung hat dazu bereits unmittelbar nach den Reaktorunfällen in Japan eine Expertenkommission eingesetzt, die heute ein Arbeitsprogramm erstellt hat. Darüber hinaus sind auf Bundesebene im Rahmen der Reaktorsicherheitskommission entsprechende Gespräche angelaufen. Ich gehe davon aus, dass die Medien über den weiteren Fortgang weiter berichten werden und so die Öffentlichkeit informiert wird. Noch zu einzelnen Fragen in der gebotenen Kürze: Die Anlagen in Baden-Württemberg sind standortspezifisch gegen Erdbeben der Intensitätsstufen 7,5 bzw. 8,0 ausgelegt. Die Notstromversorgung ist mehrfach redundant und außerdem über eine Batterieversorgung abgesichert. Der Schutz vor Flugzeugabstürzen ist je nach Reaktorblock unterschiedlich und wird sicher Gegenstand der Diskussionen in den kommenden Wochen sein.
In der aktuellen Diskussion wird häufig die Frage gestellt: Kernenergie Ja oder Nein. Ich bin dabei der Auffassung, dass eine solche Frage zu kurz springt. Vielmehr muss die Frage beantwortet werden, wie die künftige Energieversorgung ausgestaltet wird im Hinblick auf eine verlässliche Stromversorgung, die den Klimaschutzanforderungen gerecht wird und dabei noch bezahlbar bleibt.
Wir streben dazu einen gesellschaftlichen Diskurs an, in dem Wege gefunden und gemeinsam abgesteckt werden sollen, wie ein beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien und der dazu notwendige Umbau der Energieinfrastruktur vorangetrieben werden kann. Falls Sie sich, wovon ich ausgehe, für den Ausbau der erneuerbaren Energien aussprechen, hoffe ich auf Ihre Unterstützung, wenn dann konkret über Standorte für regenerative Energieträger wie Biogas- oder Windkraftanlagen oder auch neue Stromtrassen und Energiespeicher wie Pumpspeicherwerke entschieden werden muss. Den von Umweltverbänden bis hin zu Greenpeace in aktuellen Verlautbarungen vorgeschlagenen Zubau von Gas- und Kohlekraftwerken betrachten wir dagegen äußerst kritisch, weil uns die verstärkte Nutzung von fossilen Energieträgern beim Klimaschutz weit zurück werfen wird. Baden-Württemberg liegt beim CO2-Ausstoß mit jährlich knapp sieben Tonnen pro Einwohner über ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt und nimmt beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle ein, die wir behalten wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Tanja Gönner