Frage an Sylvia von Häfen von Birgit L. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau von Häfen,
ich möchte gerne Ihre Meinung zum zuletzt beschlossenen Gesetz zur Zwangsbehandlung hören und frage Sie, ob Ihre politische Meinung auch mit Ihrer persönlichen Meinung übereinstimmt.
Was würden Sie sich von einer gesetzlichen Betreuung wünschen, falls Sie einmal in die Situation kämen, auf eine gesetzliche Betreuung angewiesen zu sein?
Halten Sie die derzeitige Vergütung von gesetzlichen Betreuern für auskömmlich?
Gerne stehe ich Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung und würde mich über einen Austausch freuen
Sehr geehrte Frau Lordick,
meine persönliche Meinung stimmt mit der politischen Bewertung meiner Partei zur Zwangsbehandlung überein. Als Krankenschwester weiß ich, wie schnell es zum Zwang kommen kann, wenn Arbeitsüberlastung den Arbeitsalltag prägt. Wir aber arbeiten mit Menschen und wir reden im Zusammenhang von Menschen von Zwangsbehandlung. Da kommen mir Fragen und auch Bilder aus Zeiten, in denen der Zwang die Norm brutal festlegte.
DIE LINKE hat eine Kleine Anfrage zu Zwangsbehandlungen und Zwangseinweisungen gestellt - mit erschreckenden Ergebnissen. In Bayern wurden 2011 nach dem hier diskutierten Betreuungsrecht 11 mal mehr Menschen zwangseingewiesen als in Thüringen. Im Westen Deutschlands wurden zweieinhalb mal so häufig Menschen zwangseingewiesen wie im Osten. Zu Zwangsbehandlungen und ihrem Nutzen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, aber es gibt keinen Grund anzunehmen, dass hier die Abweichungen zwischen den Bundesländern geringer sind. Wir müssen davon ausgehen, dass ein großer Teil von Patientinnen und Patienten, die in einem Bundesland zwangsbehandelt wurden, dies in anderen Teilen Deutschlands erspart geblieben wäre. Wenn wir gesundheitliche Unterschiede als Ursache dieser Unterschiede ausschließen, weil es für mich keinen Grund gibt, dass in Westdeutschland mehr als doppelt so viele Menschen psychisch krank sein sollen wie im Osten, müssen andere Gründe ein Rolle spielen. Das ist intensiv zu hinterfragen.
Dies zeigt auch das Beispiel von Gustl Mollath.
Wir dürfen massive Einschränkungen der Freiheitsrechte, der Selbstbestimmung nicht auf offensichtlich unsichere Kriterien und mangelnde Belege der Wirksamkeit der Behandlungen stützen und so anderen Motiven die Tür öffnen. Das ist genau die Debatte, die geführt werden muss. Mit Betroffenen, mit Fachverbänden und in der Öffentlichkeit. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Deutschland wegen der Geschichte der Psychiatrie in der NS Zeit eine besondere Verantwortung trägt und mit gutem Beispiel vorangehen sollte. All das ist nicht geschehen. DIE LINKE hat das Gesetz zur Zwangsbehandlung abgelehnt. Ich lehne diese Form des Umgangs mit Menschen weiterhin ab!
Mit herzlichen Grüßen
Sylvia von Häfen