Frage an Sylvia Löhrmann von Wolfgang S. bezüglich Bildung und Erziehung
Guten Tag Fr. Löhrmann,
aus welchem Grund gibt es im Bereich der Dyskalkulie noch keine vernünftige und praxisnah anwendbare Richtlinie für Dyskalkulie. Die momentane Rechtslage in den Schulen ist leider mangelhaft und bringt für die Betroffenen keine Verbesserung.
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr Schaefer,
vielen Dank für Ihre Frage. Hierzu folgende Anmerkungen:
Die Phänomene der Rechenstörungen werden derzeit in der Fachwissenschaft kontrovers diskutiert: Es wird unterschiedlich bewertet, ob es sich bei Rechenstörungen um ein diagnostizierbares Phänomen oder um eine Minderleistung innerhalb einer "normalen" schulischen Leistungsverteilung handelt. Aus diesem Grund kann das Erscheinungsbild der Rechenstörungen mit dem einer Lese- und/ oder Rechtschreibstörung nicht gleichgesetzt werden.
In ihrer Befassung mit der Thematik hat die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (KMK) außerdem bereits im Jahr 2007 festgestellt, dass eine Gleichsetzung von Rechenstörungen und einer Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) nicht möglich sei, da Schülerinnen und Schüler mit LRS sehr wohl ihre fachbezogenen Kompetenzen (beispielsweise durch mündliche Beiträge) in den Unterricht einbringen können, während dies im Fach Mathematik für Schülerinnen und Schüler mit Rechenstörungen so nicht möglich ist. Denn die verfehlten Rechenoperationen, die einer schriftlichen oder mündlichen Beteiligung im Unterricht vorausgehen, führen in der Konsequenz leider häufig zu „falschen“ Ergebnissen. NRW folgt hier der Argumentation der KMK
Unabhängig von einem konkreten Erlass zu Rechenstörungen und über Rechenstörungen hinaus ist in § 1 des Schulgesetzes von Nordrhein-Westfalen (SchulG) das Recht jeder Schülerin und jedes Schülers auf individuelle Förderung festgelegt. Individuelle Förderung umfasst auch die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern, die Schwierigkeiten im Bereich des Rechnens haben – dies bezieht sich auch auf umfassende Rechenschwächen und Rechenstörungen.
Die zentrale Leitidee der individuellen Förderung zieht sich als roter Faden durch das Schulgesetz und unterstreicht das Anliegen der Landesregierung, allen Schülerinnen und Schülern durch verschiedene Förder- und Unterstützungsangebote einen erfolgreichen Schulbesuch zu ermöglichen.
Für Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern ist es sicherlich sinnvoll, sich von der Schulleitung und der Schulaufsicht hinsichtlich des weiteren schulischen Werdegangs und der Möglichkeiten der individuellen Förderung beraten zu lassen. Dabei einbezogen werden sollten auch alle weiteren Beteiligten – d.h. ggf. auch außerschulische Ansprechpartner wie Therapeutinnen und Therapeuten etc. –, um unter Nutzung der vorhandenen Stärken der Kinder und Jugendlichen einen optimalen „Fahrplan“ entwickeln können, der einen erfolgreichen Abschluss der Schullaufbahn möglich macht.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Löhrmann (MdL)