Frage an Sylvia Löhrmann von Walter H. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Löhrmann,
an Gesamtschulen gibt es keine Versetzungsregel. Das heisst, dass Schüler die 9. Klasse errreichen, ohne irgendwelche Leistungen erreicht zu haben. Welche Ergebnisse werden dann bei der Anerkennung eines Abschlusses zugrundegelegt? Im Vergleich zum Gymnasium spricht man man bei Abgängern einer Gesamtschule vom "Straßenabitur". Als älterer Bürger erkenne ich hier, dass ein Abitur nicht aufgrund von Leistungen erreicht wird.
Ich habe den Eindruck, dass Ihr Ziel ist, jeder Schüler muss in NRW das Abitur haben, egal mit welchem Wissen. Kann dann das Abitur in NRW noch mit dem in Bayern mithalten?
Ist das wirklich das Ziel Ihrer Partei? Ich würde mich über Ihre Meinung freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Hohaus
Sehr geehrter Herr Hohaus,
vielen Dank für Ihre Frage.
Wie Sie darauf kommen, dass es an Gesamtschulen keine Versetzungsregel gibt, entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Richtig ist, dass es allgemeiner Konsens - auch in der von mir initiierten Bildungskonferenz - ist, das Sitzenbleiben möglichst zu vermeiden. Zum einen ist wissenschaftlich erwiesen, dass dieses häufig nicht zu einer erfolgreichen Schullaufbahn oder einem Schulabschluss führt, zum anderen ist es auch volkswirtschaftlich fragwürdig, da einfach zu teuer. Individuelle Förderung in den Bereichen, in denen eine Schülerin oder ein Schüler Schwächen hat, ist nicht nur günstiger, sondern auch effektiver. Hierzu gibt es zahlreiche Modellprojekte, die zeigen, wie das gut funktionieren kann, im übrigen auch an Gymnasien (vgl. z.B. Initiative „Komm mit!“ und andere Initiativen zur individuellen Förderung, beispielsweise http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Eltern/_Rubriken/Initiativen/Indiv_Foerd_Teil2/index.html )..
Auch dass das Abitur an Gesamtschulen weniger wert ist als an Gymnasien, ist ein leider weit verbreitetes Vorurteil. Durch die zentralen Abiturprüfungen sind einheitliche Prüfungsstandards und –anforderungen geschaffen worden, die das Abitur vergleichbar machen. Dass hier die Gesamtschulen fast so gute Resultate erzielen wie die Gymnasien, ist überaus anerkennenswert.
Zuvor haben Schülerinnen und Schüler am Ende der Sekundarstufe I (also auch an Gesamtschulen, Realschulen und Hauptschulen - nicht jedoch am Gymnasium, was noch auf eine Regelung aus der Zeit der schwarz-gelben Vorgängerregierung zurückzuführen ist), also in Klasse 10, zentrale Abschlussprüfungen zu absolvieren. Deren Ergebnisse, gemeinsam mit den anderen Noten, entscheiden schließlich über die Zulassung zur Oberstufe. Eine Hürde, die Schülerinnen und Schüler an Gymnasien nicht überwinden müssen.
Es ist selbstverständlich das erklärte Ziel der Politik, auch mein persönliches, mehr Schülerinnen und Schüler zum Abitur zu führen. Das heißt aber nicht, dass ihnen das Abitur ohne Leistung quasi hinterhergeworfen würde.
Jedes Kind seinen Talenten entsprechend fördern und zu dem bestmöglichen Abschluss führen - das ist mein Ziel.
Mit den besten Grüßen
Sylvia Löhrmann (MdL bis 14. März 2012)