Frage an Sylvia Bretschneider von Murad F. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Bretschneider,
es ist unübersehbar das Mecklenburg-Vorpommern sich zum Billiglohn-Land wandelt. z.B. überall aus dem Boden spriessende CallCenter in denen die Leute für ein Gehalt auf Höhe des Existenzminimums arbeiten und dann schneller gefeuert als eingestellt werden. Wie wollen Sie diesem Lohn-Dumping entgegenwirken? Welche Pläne haben Sie um vollwertige und gerecht bezahlte Jobs für die breite Masse nach Mecklenburg-Vorpommern zu holen?
Hochachtungsvoll
Murad M. Fahad
Sehr geehrter Herr Murad M. Fahad,
zunächst einige Fakten:
Der Arbeitsmarkt in M-V hat sich positiv entwickelt: Von 04/2006 bis 04/ 2011 hat sich die Zahl der Arbeitslosen um rund 66.200 auf jetzt 113.800 verringert. Im o.g. Zeitraum ist die Arbeitslosenquote von 20,3 % auf 13,2 % zurückgegangen. Das ist die niedrigste Quote der letzten 20 Jahre. Zugleich stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 02/2006 bis 02/2011 um 26.400 auf heute 503.700. Dagegen sank die Zahl der älteren Arbeitslosen über 55 Jahre nur wenig. Für junge Menschen sind Chancen auf dem Arbeitsmarkt besser denn je: Es gibt mehr Ausbildungsstellen als Bewerber. 2010 kamen auf insgesamt 12.000 Ausbildungsstellen rund 10.000 Bewerber.
Aber die durchschnittlichen Bruttoeinkommen sind wieder die niedrigsten im Bundesvergleich: Diese erreichten 2009 mit 21.890 € je Arbeitnehmer nur 79,2% des Bundesdurchschnitts. Mit teilweise sehr niedrigen Löhnen verzeichnete die Leiharbeit 2010 einen Zuwachs um fast 16% (10.900). Mit 5% aller Beschäftigten gibt es in Ostdeutschland mehr Aufstocker als im Westen (2,1%).
Obwohl die Arbeitsmarktchancen gestiegen sind, verschärft der demografische Wandel den Fachkräftemangel. Bis 2030 wird sich die Zahl der Erwerbsfähigen von heute ca. 1.058.000 auf ca. 781.000 reduzieren. Zudem pendeln über 51.000 Menschen aus beruflichen Gründen aus M-V heraus. Die Rückholquote der besonders jungen Leute, davon viele qualifizierte Frauen, ist sehr gering. Ca. 170 Fachkräfte konnten 2010 ins Land zurückgeholt werden.
Für die SPD hat die Ausrichtung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik auf den ersten Arbeitsmarkt oberste Priorität.
Um den Fachkräftebedarf zu sichern, brauchen wir bessere Löhne- und Gehälter sowie Arbeitsbedingungen. Es muss gelten: „Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ sowie „Gleiche Löhne in Ost und West, für Frauen und für Männer“.
Wir setzen uns für einen flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland von 8,50 Euro als Untergrenze ein. Wer Vollzeit arbeitet, muss von seiner Arbeit auch leben können. Solange es dafür keine politische Mehrheit gibt, brauchen wir weiterhin branchenspezifische Mindestlöhne auf Basis des Entsendegesetzes. Lohndumping und Tarifflucht müssen gestoppt werden. Unbefristete und sozial abgesicherte Arbeit muss wieder die Regel sein. Die Ausweitung von Leih- und Zeitarbeit muss gestoppt werden. Wir brauchen für Langzeitarbeitslose öffentlich geförderte Beschäftigung.
Die Potenziale älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen stärker genutzt werden. Jeder junge Mensch muss die Chance erhalten, einen Beruf zu erlernen. Deshalb werden wir das Bündnis für Arbeit mit Verbänden, Kammern und den Gewerkschaften fortsetzen und ein Fachkräftebündnis für Mecklenburg-Vorpommern vereinbaren. Wir fordern ein Tariftreuegesetz für Mecklenburg-Vorpommern, das für alle öffentlichen Aufträge gilt.
Als Niedriglohnland hat M-V keine Chance.