Frage an Swen Schulz von bernd s. bezüglich Soziale Sicherung
Herr Schulz
Meine Frage ist : Warum werden Urteil des BSG nicht umgesetzt .
Es geht um die Angleichung der Unfallrenten in den neuen Ländern.
Und warum ist bei Leistungen für Kranke, Kinder, Rentner und Alg II-Empfänger der Staat "Pleite" , aber wen es um die Diäten der Abgeordneten geht , nicht . Wie soll ich meinen Sohn erklären , das dieser Staat ein Sozialstaat ist . Und dann noch über dem Reichstag steht "Dem deutschen Volke". Dann frage ich mich, welchem Volk .
Danke für Ihre ehrliche Antwort .
Sehr geehrter Herr Seifert,
vielen Dank für Ihre Frage.
Sie sprechen mit dem Thema „Angleichung von Freibeträgen bei Unfallrenten“ eine Problematik an, mit der sich auch schon der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mehrmals beschäftigt hat.
Bei der Anrechnung einer Unfallrente auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird ein Freibetrag abgezogen, für den es bislang in West- und Ostdeutschland unterschiedliche Werte gibt. Das Bundessozialgericht hat diesbezüglich entschieden und seine Auffassung in mehreren Urteilen bestätigt, dass bei dieser Anrechnung ein einheitlicher Freibetrag für alle unfallverletzten Rentenberechtigten mit gleich hohem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit berücksichtigt werden müsse.
Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts binden die Verwaltung, die die Gesetze anwendet und umsetzt, rechtlich allerdings nur bezogen auf den jeweils entschiedenen Einzelfall. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es sich bei dem Bundessozialgericht um einen obersten Gerichtshof handelt.
Sicherlich ist es sinnvoll, wenn sich die Verwaltung an den Urteilen orientiert, um nicht Gefahr zu laufen, in weiteren Prozessen zu unterliegen. Dieses geschieht auch in den meisten Fällen. Es besteht jedoch keine Verpflichtung für die Verwaltung, den Urteilen über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus zu folgen. So kommt es in der Verwaltungspraxis auch vor, dass von der Einzelfallentscheidung abgewichen wird.
Die Tatsache, dass die Rentenversicherungsträger weiterhin die unterschiedlichen Freibeträge für ihre Berechnungen zugrunde legen, obwohl das Bundessozialgericht dies ausdrücklich für rechtswidrig erklärt hat, ist natürlich sehr unbefriedigend, da gebe ich Ihnen Recht.
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat dies ebenso gesehen und deshalb bereits im September 2006 seine Zweifel an einer hinreichenden gesetzlichen Klarheit der Freibetragsregelung zum Ausdruck gebracht. Deshalb wurde die Bundesregierung aufgefordert, diese Regelung zu überprüfen. Das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales teilt diese Zweifel allerdings nicht.
Auch aufgrund dieser unterschiedlichen Auffassungen hat das Bundessozialgericht zwischenzeitlich das Bundesverfassungsgericht angerufen und diesem die Frage vorgelegt, ob die Rechtsnorm, die dieser Problematik zugrunde liegt, verfassungsgemäß ist.
Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss nun abgewartet werden. Auf dieser Grundlage werden sich dann die Fraktionen des Bundestages sowie das zuständige Ministerium für Arbeit und Soziales mit der Lösung der Problematik beschäftigen.
Sollten Sie Interesse am weiteren Verfahren haben, sende ich Ihnen gerne detaillierte Informationen zu und halte Sie weiterhin auf dem Laufenden. Sie erreichen mich direkt unter
Swen Schulz, MdB
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
oder per E-Mail unter
swen.schulz@bundestag.de
Zum Thema Abgeordnetenentschädigung finden Sie hier bei abgeordnetenwatch zwei Antworten von mir. Sicherlich haben Sie Verständnis, wenn ich mich an dieser Stelle nicht wiederhole.
Mit den besten Grüßen
Swen Schulz, MdB