Frage an Swen Schulz von Katy H. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Schulz,
vor einiger Zeit wurde, u.a. angestoßen durch den Deutschen Familienverband, das Thema des Familienwahlrechts (Kinder haben von Geburt an ein Stimmrecht, das deren Eltern für sie wahrnehmen, so lange sie minderjährig sind) in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert. Inzwischen ist es darum wieder sehr still geworden.
Nach wie vor besteht aber das Problem der "Vergreisung" und "Versingelung" unserer Gesellschaft, so dass diese Bevölkerungsgruppen ihre (durchaus berechtigten) Interessen bei Wahlen überproportional vertreten können, während die Interessen von Familien unterrepräsentiert bleiben.
Ich finde, die Einführung das Familienwahlrechts wäre eine (fast) kostenfreie und sehr effiziente Maßnahme zu einer gerechteren Familienpolitik.
Wie ist Ihre generelle Position zu diesem Thema und wissen Sie aktuell von Initiativen oder Aktivitäten in diese Richtung ?
Für Ihre Antwort besten Dank vorab!
Mit schönen Grüssen aus Kladow
Katy Haase
Sehr geehrte Frau Haase,
vielen Dank für Ihre Frage.
Es stimmt, um das Wahlrecht von Geburt an ist es in letzter Zeit ruhiger geworden - zumindest, was die öffentliche Berichterstattung darüber betrifft. In den politischen Diskussionen ist diese Idee immer noch sehr präsent.
In der Öffentlichkeit wurde das Thema in der vergangenen Legislaturperiode breit diskutiert aufgrund des Antrages "Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht von Geburt an" (Bundestags-Drucksache 15/1544), der im September 2003 von Abgeordneten mehrerer Fraktionen ins Parlament eingebracht wurde. Auch ich habe diesen Antrag damals als Unterzeichner mitgetragen, weil ich der Überzeugung war - und immer noch bin -, dass den Interessen der nachwachsenden Generation ein angemessenes Gewicht bei politischen (Wahl-)Entscheidungen zukommen sollte.
In diesem Antrag forderten wir die damalige Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Wahlrechts ab Geburt durch Änderung des entsprechenden Grundgesetz-Artikels vorzulegen. Der Idee nach sollten die Kinder zwar Inhaber des Wahlrechts sein, dieses treuhänderisch von den Eltern beziehungsweise Sorgeberechtigten als deren gesetzlichen Vertretern ausgeübt werden. Für den Fall, dass sich die Eltern in der Ausübung des Wahlrechts nicht einigen können, sollte eine Regelung vorgesehen werden, die beide Elternteile möglichst gleichberechtigt.
Diese Forderung wurde damals auch vom Deutschen Familienverband begrüßt und unterstützt. Leider ist der Antrag damals nach intensiven Beratungen von den zuständigen Ausschüssen abgelehnt worden. Insbesondere die verfassungsrechtlichen Bedenken konnten nicht gänzlich ausgeräumt werden. Die Mehrheit des Deutsche Bundestages ist dieser Empfehlung gefolgt und den Antrag am 2. Juni 2005 schlussendlich abgelehnt.
Trotz der Ablehnung hat dieser Antrag - und das ist meines Erachtens ein wichtiger Punkt - für eine beachtliche und intensive Diskussion zum Thema Kinder- und Familienrechte in unserer Gesellschaft auch über Parteigrenzen hinaus gesorgt.
Ich bin auch heute noch davon überzeugt, dass wir ein Wahlrecht von Geburt an brauchen, um den Interessen der nachwachsenden Generation Gehör zu verschaffen und halte es für eine zentrale Überlebensfrage unserer Gesellschaft, dass im Generationenvertrag auch die junge Generation Berücksichtigung findet. Der Bedeutung von Kindern und ihren Eltern für die Zukunft unserer Gesellschaft muss ausreichend Rechnung getragen und dementsprechend ein angemessener Stellenwert eingeräumt werden. Deshalb ist für mich die Debatte über ein Wahlrecht von Geburt an längst nicht vom Tisch. Im Übrigen auch nicht für einen Großteil meiner Kolleginnen und Kollegen im Bundestag.
So liegt gerade ein neuformulierter Antragsentwurf von Abgeordneten aus mehreren Fraktionen vor. Bevor dieser Antrag jedoch in den Bundestag eingebracht wird, werden noch diverse Diskussionsrunden stattfinden, unter anderem wird es im Januar ein Expertengespräch zu diesem Thema geben.
Falls Sie an dem Wortlaut des Antragsentwurfs interessiert sind oder näheren Gesprächsbedarf haben, können Sie sich gerne direkt an mich wenden. Sie erreichen mich unter
Swen Schulz, MdB
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
oder per E-Mail unter
swen.schulz@bundestag.de
Sie können auch in eine meiner Bürgersprechstunden kommen. Einen Termin
können Sie unter 030 / 36757090 vereinbaren.
Mit den besten Grüßen
Swen Schulz, MdB