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Frage von Dr. Hans-Jürgen H. •

Frage an Swen Schulz von Dr. Hans-Jürgen H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
Wie Sie vielleicht wissen, bin ich ehrenamtlich als Geschäftsführer des Zentralverbandes der Ingenieurvereine (ZBI) e.V. tätig.
Die Tätigkeit von Ingenieuren ist entscheidend für die Innovationskraft unserer Wirtschaft und garantiert den Wohlstand künftiger Generationen. Als wenig sprachgewaltig auftretende und in den Parlamenten von Bund und Ländern unterrepräsentierte Berufsgruppe haben die Ingenieure Wünsche und Erwartungen an den 16. Deutschen Bundestag, von denen ich Ihnen vier gravierende vortrage und Ihre Antwort erbitte. Werden Sie nach Ihrer Wahl in den Bundestag dafür eintreten, dass

1. neben den wichtigen Investitionen in die Forschung verstärkt auch solche in die Verkehrsinfrastruktur auf Schiene, Wasser und Straße geleistet,
2. ein flächendeckender kommunikationssichernder Breitbandausbau im Bundesgebiet realisiert,
3. die Berufsbezeichnung Ingenieur auch nach der Abschaffung von Diplom-Studiengängen zu Gunsten von Bachelor- und Masterab-schlüssen erhalten und bundeseinheitlich gesetzlich geschützt und
4. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zeitge-recht novelliert, aber als verbindliches Preisrecht erhalten werden?

Ihrer geschätzten Antwort sehe ich dankend entgegen und wünsche Ihnen einen guten Verlauf des kurzen Wahlkampfes 2005.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Hans-Jürgen Heß

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Heß,
vielen Dank für Ihre Anfragen, mit denen Sie die wichtigsten Wünsche und Erwartungen der Berufsgruppe der Ingenieure an den 16. Deutschen Bundestag zum Ausdruck bringen. Gerne möchte ich Ihnen Ihre Fragen beantworten.

1. Verbesserung der Infrastruktur
Das stetig steigende Verkehrsaufkommen in unserem Land fordert eine Sicherstellung und Verbesserung der Qualität unseres Infrastrukturwesens. Dies ist nicht zuletzt der Wirtschaft dienlich, wenn man die zentrale Lage Deutschlands im europäischen Wirtschaftraum und Handelsverkehr betrachtet. Um die befürchtete Rolle Deutschlands als "Nadelöhr" für den Schienenverkehr zu unterbinden, um den Anforderungen der Menschen nach zeitgemäßer Mobilität gerecht zu werden und um der Notwendigkeit einer qualitativen Verkehrsinfrastruktur für Wirtschaftswachstum nachzukommen, werden wir diese bereitstellen. Wir wollen vor allem eine Einbeziehung aller garantieren. Eine Kombination soll nach verschiedenen Kriterien eines nachhaltigen Verkehrsnetzes als Grundlage für eine wirtschaftlich moderne Gesellschaft erfolgen. Die Förderung der Infrastrukturprojekte bedeutet nicht nur eine Optimierung hinsichtlich des Verkehrswesens, sondern auch die Sicherung von Arbeitsplätzen. Heute arbeiten 4,3 Mio. Menschen, nahezu jeder sechste der Beschäftigten in Deutschland, im Verkehrsbereich. Investitionen in Milliardenhöhe sichern diese Arbeitsplätze.
Die heutige Wirtschaft ist mehr denn je international ausgerichtet. An diese Anforderungen wollen wir anknüpfen. Wege dazu bestehen beispielsweise in der Realisierung eines transeuropäischen Transportnetzes. Dazu gehören innovative Techniken im Schienenverkehr, sowie ein Fortschritt im Wettbewerb und der Kooperation durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien. Dies wiederum ist eine gute Grundlage für die Vernetzung der Verkehrsträger. Diesen Weg wollen wir wie bisher weiter beschreiten.
Vieles ist schon geschehen. Seit der Übernahme der Regierung 1998 strebt die SPD entschieden die Ziele einer Mobilitätsgarantie und eines steigenden Wirtschaftswachstums in und durch Infrastrukturmaßnahmen an. Dies auch entschieden durch die Förderung des ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltigen Schienenverkehrs. Ich bin der Meinung, dass die Bilanz, die wir jetzt ziehen können, durchaus positiv ausfällt. Trotz schwieriger Haushaltslage wurden wir den Investitionsanforderungen gerecht. Für den Aus- und Neubau des Verkehrsinfrastruktur wurden und werden pro Jahr über 10 Mrd. EUR investiert. Das wird auch weiter so bleiben.
Die SPD hat seit 1998 die Investitionen in das Schienenverkehrssystem von 2,9 Mrd. EUR auf mehr als 3,5 Mrd. EUR jährlich erhöht. Zwischen 1998 und heute ergibt das eine Summe von über 29 Mrd. EUR an Investitionen ins Schienennetz. Wir erhöhten die Investitionen mehrmals um insgesamt 3 Mrd. EUR zwischen 2001 und 2003. Heute ist uns mit der LKW- Maut eine weitere Finanzierungsmöglichkeit gegeben, die unsere angespannte Haushaltslage entlastet.
Über die Sicherstellung des momentanen Standards hinaus wollen wir damit auch weitere Projekte umsetzen.
Noch im April 2005 hat die Bundesregierung im Rahmen der Agenda 2010 in den nächsten drei Jahren zusätzliche Investitionen in Aussicht gestellt. Für das Schienennetz steigen die Investitionen mehr als für das Straßenverkehrsnetz. Dieser Infrastrukturzweig erhält insgesamt 1,1 Mrd. EUR mehr. Damit ist die Realisierung von Projekten weitgehend gewährleistet. Das Verkehrsnetz wird so qualitativ hochwertiger, angepasst an die Bedürfnisse der Menschen und schafft zusätzliche Arbeitsplätze.

2. Flächendeckender Breitbandausbau
Die flächendeckende Breitbandversorgung nimmt für die SPD einen grundlegenden Stellenwert ein. Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands hängt von einer intensiven Nutzung sowie vom schnellen und flächendeckenden Ausbau der Breitband-Technologien ab. Die OECD geht davon aus, dass die Breitband-Technologie bis zum Jahr 2011 mit einem Drittel zum Produktivitätszuwachs in den Industrieländern beitragen wird. Der schnelle Netzzugang entwickelt sich zudem auch zu einem maßgeblichen Faktor bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Noch rangiert Deutschland bei der Nutzung von Breitband im internationalen Mittelfeld. Doch die Ausgangsposition für einen zügigen Ausbau ist gut. So ist das Interesse der Deutschen an neuen Technologien hoch: Immerhin 54 % der Bundesbürger nutzen das Internet regelmäßig. Damit liegt Deutschland über dem westeuropäischen Durchschnitt. Bei der Zugangs-Geschwindigkeit dominieren hierzulande jedoch noch die schmalbandigen Zugänge über Modem und ISDN. Lediglich 18 % der Haushalte verfügen über einen Breitbandanschluss.
Die Mängel in der flächendeckenden Breitbandversorgung sind technologiebedingt und bei dem Ausbau der Netze insbesondere in den neuen Bundesländern nicht erkennbar gewesen. Ein wichtiges Ziel der SPD ist der diskriminierungsfreie breitbandige Zugang zu neuen Diensten und Dienstleistungen. Aus diesem Grund hat die SPD-geführte Bundesregierung im März 2005 eine gemeinsame Breitband-Offensive mit der Wirtschaft gestartet, um leistungsstarke Internet-Datenverbindungen wie etwa DSL, TV-Kabel, UMTS oder WLAN zu fördern und so die Breitbandinfrastruktur schnellstmöglich auszubauen. Kernziel der Breitband-Offensive ist eine 50-prozentige Verbreitung von schnellen breitbandigen Internetzugängen bei privaten Haushalten noch vor 2010 sowie eine stärkere Nutzung von Breitband auch in den Unternehmen.
Ein funktionierender Wettbewerb ist Grundvoraussetzung für eine schnelle und gesunde Entwicklung des Breitband-Marktes. Es zeigt sich gegenwärtig, dass die bestehenden Versorgungslücken mit neuen Technologien geschlossen werden können. Insbesondere die Aktivitäten bei Funkstrecken (WiMAX/UMTS) sind vielversprechend. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Ausbau des Kabelnetzes für die Internetnutzung. Gerade hier liegt aufgrund des hohen Verbreitungsgrades von TV-Kabel ein großes Potenzial. Wir gehen davon aus, dass in absehbarer Zeit 90 % der Bevölkerung eine Zugangsalternative bekommt. Die Frequenzen für die neuen Technologien stehen bereit. Die SPD geführte Bundesregierung hat ein Breitbandportal gestartet, dessen wichtigstes Serviceangebot der Breitbandatlas darstellt. Der Breitbandatlas soll Privatpersonen und Unternehmen einen Überblick geben, in welchen Regionen mit welchen Techniken ein Zugang zum Breitband-Internet möglich ist.

3. Berufsbezeichnung "Ingenieur"
Zunächst möchte ich anmerken, dass die Umstellung der Studienabschlüsse auf Initiative der Hochschulen vorangetrieben wird. Die Bundesregierung schafft mit dem Bologna-Prozess die politischen Rahmenbedingungen, um diese Initiative voranzubringen. Im Endeffekt muss man sie vor allem als Instrument der europäischen Integration verstehen. Die Isolation des deutschen Hochschulsystems muss beendet werden, damit jungen Akademikern die Chance gegeben wird, sich auf dem europäischen Bildungsmarkt zu behaupten. Deshalb unterstützt die Bundesregierung die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge.
In Bezug auf Ihre Anfrage, ob die Berufsbezeichnung "Ingenieur" auch nach Abschaffung von Diplom-Studiengängen zugunsten von Bachelor- und Masterstudiengängen erhalten bleibt und gesetzlich geschützt wird, sind zunächst die Bereiche "Akademische Grade" und "Berufsbezeichnungen" zu unterscheiden:

Die akademischen Grade werden in den Hochschulgesetzen der Länder auf der Basis der rahmenrechtlichen Vorgaben aus dem Hochschulrahmengesetz des Bundes geregelt. Die Frage der Berufsbezeichnungen ist dagegen keine hochschulrechtliche, sondern eine berufsrechtliche. Daher wird die Berufsbezeichnung "Ingenieur" auch nicht in Hochschulgesetzen, sondern in berufsrechtlichen Gesetzen geregelt. So haben die Länder zur Regelung der Berufsbezeichnungen im Ingenieursbereich eigene "Ingenieurgesetze" erlassen.

Lassen Sie mich zur Verdeutlichung auf § 1 des Ingenieurgesetzes des Landes Baden-Württemberg hingewiesen:

"Die Berufsbezeichnung ´Ingenieur oder Ingenieurin´ allein oder in einer Wortverbindung darf führen,
1. wer
a. das Studium einer technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung an einer deutschen wissenschaftlichen Hochschule oder an einer deutschen Fachhochschule oder an einer deutschen Berufsakademie, deren Abschlüsse den Abschlüssen an einer staatlichen Fachhochschule gleichstehen, oder

b. das Studium an einer deutschen öffentlichen oder ihr hinsichtlich des Studienabschlusses rechtlich gleichgestellten deutschen privaten Ingenieurschule oder

c. einen Betriebsführerlehrgang einer deutschen staatlich anerkannten Bergschule mit Erfolg abgeschlossen hat, oder

2. wem durch die zuständige Behörde das Recht verliehen worden ist, die Bezeichnung ´Ingenieur (grad.)´ oder ´Ingenieurin (grad.)´ zu führen."

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass eine Umstellung der Diplomstudiengänge auf die Bachelor- und Masterstruktur die Frage der Berufsbezeichnung nicht berührt. Auch ein zukünftiger "Bachelor of Engineering" oder "Master of Engineering" kann daher die Berufsbezeichnung "Ingenieur" führen.

4. Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
Bezüglich der HOAI vertreten Sie den Standpunkt, dass diese zeitgerecht angepasst wird, aber als verbindliches Preisrecht erhalten bleiben sollte. Einer der zentralen Punkte in der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung stellt die Entbürokratisierung dar. Als einen Baustein in diesem Masterplan hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die Abschaffung der HOAI vorgeschlagen. Die SPD-Bundestagsfraktion befindet sich bei diesem Thema noch in einem Stadium der Beratung. Wir führen zurzeit zahlreiche Gespräche mit den Verbänden und werten die eingehenden Stellungnahmen aus, ohne bisher eine abschließende Position beschlossen zu haben. Durch die angesetzte Neuwahl mussten die weiteren Gespräche darüber leider auf die kommende Wahlperiode verschoben werden. Sobald der 16. Deutsche Bundestag zusammengetreten ist, werden wir versuchen, eine sinnvolle Lösung zu finden.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen ausreichend beantworten. Wenn Sie eines der Themen vertiefen möchten oder andere Anliegen haben, besuchen Sie mich doch einfach in meiner Bürgersprechstunde. Einen Termin können Sie unter 030/ 227 70185 vereinbaren. Oder schreiben Sie mir eine e-Mail direkt an swen.schulz@bundestag.de .

Mit den besten Grüßen

Swen Schulz, MdB