Sehr geehrte Frau Schulze, wie stehen Sie zu Parlamentsanfrage der Union zur politischen Neutralität von Nichtregierungsorganisationen?

Sehr geehrte Frau B.,
die Anfrage suggeriert, dass es sich bei den Protestaktionen der Nichtregierungsorganisationen um eine parteipolitische Betätigung handele. Eine rein parteipolitische Betätigung wäre tatsächlich mit der Gemeinnützigkeit unvereinbar. Bei den Aktionen handelte es sich aber um ein zivilgesellschaftliches Engagement zur Erhaltung der Demokratie. Das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht steht einem solchen zivilgesellschaftlichen Engagement auch nicht entgegen. Nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung ist es nicht zu beanstanden, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung nimmt. Als Beispiel wird ein Aufruf eines Sportvereins für Klimaschutz oder gegen Rassismus angeführt (vgl. AEAO Nr. 16 zu § 52 AO).
Gemeinnützige Organisationen erhalten öffentliche Gelder für bestimmte Projekte. Die Gelder dienen damit der Finanzierung vorher festgelegter Zwecke im Interesse der Allgemeinheit. Ihre tatsächliche Verwendung wird im Einzelnen überprüft. Gemeinnützige Organisationen stehen somit keine staatlichen Gelder zur Finanzierung politischer oder gar parteipolitischer Kampagnen zur Verfügung.
Das zivilgesellschaftliche Engagement gemeinnütziger Organisationen ist für die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie unverzichtbar. Die rechtliche Zulässigkeit des politischen Engagements von gemeinnützigen Organisationen muss deshalb klar geregelt werden. Wir brauchen eine gesetzliche Klarstellung, dass gemeinnützige Organisationen auch über ihre anerkannten Satzungszwecke hinaus zu tagespolitische Ereignissen Stellung nehmen können, ohne ihren Gemeinnützigkeitsstatus zu gefährden.
Mit freundlichen Grüßen
Svenja Schulze