Ehrenwerte Frau Svenja Schulz. Wir alle haben von Olaf Scholz laut und deutlich vernommen: Mindest Lohn für alle. WfMmB Arbeitende 1,75 pro Stunde!! Warum Wir nicht?
Sehr geehrter Herr V.,
eine Werkstatt für behinderte Menschen ist in erster Linie eine Einrichtung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Die in den Werkstätten beschäftigten Menschen mit Behinderungen haben einen Rechtsanspruch auf eine leistungsangemessene Entlohnung aus dem Arbeitsergebnis der Werkstätten. Die Werkstätten sind verpflichtet, mindestens 70% des erwirtschafteten Arbeitsergebnisses für die Lohnzahlung der Menschen mit Behinderung zu verwenden.
Zu berücksichtigen ist, dass zusätzlich zum Werkstattentgelt noch ergänzende Leistungen wie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Grundsicherungsleistungen gezahlt werden. Auch diese Leistungen müssen immer berücksichtigt werden. Die Kritik an dem intransparenten Entgeltsystem ist mir aber bekannt.
Viele Akteure sind aber auch gegen die Einführung eines Mindestlohns. Es sollte bedacht werden, dass Werkstattbeschäftigte in der Regel nicht Vollzeit arbeiten. Würden sie nach Mindestlohn bezahlt, würde die Entlohnung in der Regel nicht ausreichen, um aus dem Grundsicherungsbezug zu kommen. Mit dem derzeitigen „Rentenprivileg“ (nach 20 Jahren in der Werkstatt erhalten die Beschäftigten eine Erwerbsminderungsrente, die so hoch ist als ob die Beschäftigten 80 % des Durchschnitts verdient hätten) und dem Entgelt aus der Werkstatt sind die Beschäftigten derzeit in der Regel über Grundsicherungsniveau.
Trotzdem sieht die SPD-Bundestagsfraktion Änderungsbedarf am Entgeltsystem und möchte die Entlohnung verbessern. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben, die im September 2023 veröffentlicht wurde (https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/behindertenwerkstaetten-2223546 ).
Das Ministerium für Arbeit und Soziales führt seitdem einen Dialogprozess durch, in dem mögliche Maßnahmen mit allen Beteiligten diskutiert werden – also unter anderem mit Werkstattträgern, Kostenträgern, Interessenvertreterinnen und -vertretern von Werkstattbeschäftigten, den Verbänden von Menschen mit Behinderungen sowie mit den Ländern.
Dabei geht es um auch um den Punkt Einkommen, aber nicht nur.
Das Ziel der Reform der Werkstattentlohnung ist es, den von den WfbM gezahlten Arbeitslohn so zu gestalten, dass sich die Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten verbessert und das System transparenter wird, Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt aber weiterhin finanziell attraktiv bleiben.
Der bisherige Dialogprozess hat gezeigt, dass dieses Ziel breit geteilt wird. Zu der Umsetzung und Ausgestaltung gibt es aber unterschiedliche Vorstellungen. Daher war eine Veränderung des Entlohnungssystems bis jetzt noch nicht möglich. Der Dialogprozess zur Werkstattentlohnung wird deshalb fortgesetzt.
Ein Gesetzentwurf für den inklusiven Arbeitsmarkt sollte Ende November vorgelegt und im nächsten Jahr beschlossen werden. Durch den Bruch der Koalition durch die FDP und die Neuwahlen im Februar kann dieser Plan leider nicht mehr eingehalten werden. Wir als SPD-Bundestagsfraktion bedauern das.
Mit freundlichen Grüßen
Svenja Schulze