Frage an Sven Tode von Claudia L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Tode,
bei der Planung der U5 in Hamburg versucht die SPD zusammen mit den Grünen auf Bezirksebene massiv politisch Einfluss auf die Planung der U5 durch die Hamburger Hochbahn zu nehmen. Solange die Planungen den Bezirkspolitikern recht waren, hiess es stets: "Die Planung ist Sache der Hochbahn. Die Bezirksversammlung hat darauf keinen Einfluss." Aktuell wird politisch demagogisches Handeln über Bürgerbeteiligung und Demokratie gestellt. Das passt nicht zusammen.
Wie sollen die Bürger da noch Vertrauen in das politische Handeln haben?
Wir bitten Sie um Stellungnahme und deutliche Unterstützung als Bürgerschaftsabgeordneter für unseren Wahlkreis!
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Lindenau,
ich bin über Ihre Frage etwas irritiert. Sie schreiben, aktuell würden die Fraktionen von SPD und Grünen mit Ihrem Antrag „demagogisches Handeln über Bürgerbeteiligung und Demokratie“ stellen. Die Abgeordneten der Bezirksversammlungen werden ebenso wie die Abgeordneten des Bundestages bzw. der Bürgerschaft von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Und sie haben natürlich den Auftrag, sich politisch zu äußern und einzumischen. Genau das ist doch der Wesenskern der parlamentarischen Demokratie. So steht es im Übrigen auch im Bezirksverwaltungsgesetz unter § 10:
Status der Fraktionen
(1) Fraktionen sind freiwillige Vereinigungen von Mitgliedern der Bezirksversammlung, die sich zur dauerhaften Verfolgung gemeinsamer politischer Ziele zusammengeschlossen haben. Sie dienen der politischen Willensbildung in den Bezirksversammlungen. Sie unterstützen ihre Mitglieder, ihre Tätigkeit innerhalb der Bezirksversammlung und deren Ausschüssen auszuüben und aufeinander abzustimmen. Sie können mit den Fraktionen der anderen Bezirksversammlungen zusammenarbeiten und die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit unterrichten.
Von daher finde ich den Vorgang als solchen nicht verwerflich, sondern im Gegenteil völlig legitim und alltäglich.
Aber auch inhaltlich sehe ich es anders. Die SPD-Vertreterinnen und Vertreter in Hamburg-Nord und speziell in Barmbek haben es von Anfang an begrüßt, dass die Hochbahn eine Haltestelle im Herzen von Barmbek-Nord eingeplant hatte. Die vielen Gründe, die dafür sprechen, muss ich hier nicht wiederholen. Trotz einiger Stationen von S- und U-Bahn ist das Kerngebiet von Barmbek-Nord um den Hartzlohplatz nur mit Bussen angeschlossen. Und diese sind zu den Hauptverkehrszeiten schon jetzt überlastet. Mit potentiellen neuen Wohngebieten wird das nicht besser werden. Wir werden Menschen aber nur dann überzeugen können, vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen, wenn der ÖPNV attraktiver wird.
Eine Haltestelle, die nicht mitten in Barmbek-Nord liegt, sondern wie die Nordheimstraße am äußersten nördlichen Rand, macht aus Sicht der SPD-Wahlkreisabgeordneten, der SPD-Bezirksabgeordneten und der lokalen SPD Barmbek keinen Sinn, weil weniger EinwohnerInnen, SchülerInnen und ArbeitnehmerInnen davon profitieren würden. Der Verweis auf geringere Baukosten, wenn die Trasse weiter nördlich verlaufen sollte, ist für uns allein nicht ausschlaggebend. Bei einem Jahrhundertprojekt wie einer neuen U-Bahn müssen viele Dinge gegeneinander abgewogen werden.
Und damit sind wir wieder auf der Ebene des politischen Handelns. Die Hochbahn prüft verschiedene Alternativen vor dem Hintergrund von verkehrlichen, baulichen und Kostenaspekten. Letzteres spielt auch vor dem Hintergrund eine Rolle, inwieweit Bundesmittel zur Kofinanzierung möglich sind. Am Ende müssen aber der Senat und die Bürgerschaft über die Planung entscheiden.
Die Bezirksversammlung-Nord entscheidet nicht über den Trassenverlauf der U5, aber sie hat meines Erachtens natürlich das Recht, das, was sie als richtig für Barmbek ansieht, über einen Antrag deutlich zu machen. Dafür wurden die Abgeordneten gewählt. Die Meinungen und Entscheidungen von Abgeordneten basieren dabei nicht auf Intuition oder einem Bauchgefühl, sondern natürlich auf Tatsachen und vielen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb ist uns Abgeordneten das Thema Bürgerbeteiligung auch so wichtig. Im Antrag von SPD und Grünen wird deswegen ja auch kritisiert, dass die aktuelle Planungsänderung nur über die Presse bekannt gegeben wurde.
Ich selber habe von Beginn an die Termine zur Bürgerbeteiligung besucht bzw. Mitarbeiter aus meinem Büro entsandt, um die Fortschritte aus erster Hand zu erfahren. Ich habe sowohl mit Mitgliedern Ihrer Bürgerinitiative Gespräche geführt also auch mit anderen Anwohnerinnen und Anwohnern des Quartiers sowie mit Vertretern der Hochbahn. Ich habe auch nie einen Hehl daraus gemacht, auch gegenüber der Hochbahn nicht, dass ich die Variante Hartzloh-Ost wg. der schmalen Straße nicht als gute Wahl betrachte.
Im Zweifel können wir uns gerne einmal zu´einem persönlichen Gespräch treffen, da Ihre Frage ja nicht nur die U5 sondern generell die Frage von Bürgerbeteiligung und der Tätigkeit von Abgeordndeten betrifft.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Tode