Frage an Sven Tode von Sassan G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Dr. Tode,
ich bin seit guten einem Jahr wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Sozialwissenschaften der Uni Hamburg. Die angekündigten Kürzungspläne und die zu erwartendenden Budgetkürzung um ca. 10 % bedeuten für die Uni Hamburg eine noch schlechterere Ausstattung für Forschung und Lehre. Detaillierte Informationen und Richtigstellungen zu den Aussagen der Behörde finden Sie auf folgender Webseite: http://www.uni-hamburg.de/Kampf_um_die_Zukunft/
Ich möchte gerne wissen wie Sie persönlich zu den Kürzungsplänen stehen. Es geht hier um weit mehr als um die Finanznöte einer Universität. Es geht um nichts anderes als die Zukunft der Wissenschaft in dieser Stadt. Excellente Forschung, herausragende Lehre und eine Ausbildung von jungen Erwachsenen für die Zukunft dieses Landes sind ohne eine gut finanzierte Uni nicht möglich.
Ich möchte Sie daher bitten am 22. Juni nicht für Kürzungen zu stimmen, sondern sich dafür einzusetzen, dass die Hochschulen in Hamburg besser ausgestattet werden und die strukturelle Unterfinanzierung endlich angegangen wird.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen,
Sassan Gholiagha
Sehr geehrter Herr Gholiagha,
vielen Dank für Ihre engagierte Stellungnahme. Die Beratungen über den Etat der Wissenschaftsbehörde -- und damit auch der Uni Hamburg -- sind noch im Gange und werden erst im Herbst abgeschlossen. Auch wenn wir also noch keine Auskunft über alle Details geben können, so möchte ich dennoch daran erinnern, dass der neue SPD-Senat den Wissenschaftsbereich keinesfalls zusammenstreicht, sondern im Gegenteil massiv begünstigt:
a)Die Studiengebühren werden abgeschafft und das entsprechende Finanzaufkommen den Hochschulen voll kompensiert; dies bedeutet ab dem Jahr 2013 einen jährlichen Mehraufwand von fast 40 Mio. Euro; und dies ist nicht nur eine sozialpolitische Maßnahme, die für mehr Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit beim Hochschulzugang sorgt, sondern kommt auch den Hochschulen insgesamt zugute, denn Studierende, die von Studiengebühren entlastet sind, können sich erheblich besser auf ihr Studium konzentrieren und dieses schneller (und damit günstiger) abschließen. Ich betone es noch einmal, weil das gerne unter den Tisch gekehrt wird: Allein durch diese Maßnahmen steigen die Ausgaben der Stadt für die Hochschulen und die Wissenschaft um fast 40 Mio. Euro jährlich; dies ist nach der anvisierten Abschaffung der Kita-Gebühren unser finanziell bedeutendstes und teuerstes Projekt.
b)Mittelfristig werden wir für Sanierung und Neubau von Universitätsgebäuden Investitionsmittel von mehreren hundert Millionen Euro einsetzen; dies wird neben dem Hafen der bedeutendste Investitionsbereich der kommenden Jahre. Nur zur Erinnerung: In den vergangenen zehn Jahren musste die Uni jede Baumaßname selbst finanzieren, ohne jedwede Unterstützung der Stadt.
Davon ausgehend sind die geringfügigen Zuwächse der Etatzuweisung an die Uni, die Sie ansprechen und über die derzeit so erregt diskutiert wird, per Saldo also keine Kürzungen, sondern nur geringfügige Verminderungen des insgesamt gewaltigen Ausgabenanstiegs. Aber gerade deshalb ist auch klar, dass der Wissenschaftsbereich, wie fast alle anderen Bereiche der Hamburger Politik und Verwaltung, nicht gänzlich von der Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung ausgenommen werden kann.
Aber noch einmal: Es gibt, auch im kommenden Haushalt 2011/12, keine Kürzung, sondern eine geringfügige Steigerung der Etatzuweisung der Stadt an die Uni. Allerdings, das räumen wir selbstverständlich ein, wird diese Etaterhöhung wohl unter dem allgemeinen Anstieg der Ausgaben der Uni verbleiben. Diese Verminderung des Etatzuwachses wird aber bei weitem nicht so dramatisch ausfallen, wie es das Uni-Präsidium gerne ausmalt und Sie es in Ihrer Frage wiedergeben. Und was die sogenannte "globale Minderausgabe" betrifft, die im Haushalt der Wissenschaftsbehörde insgesamt realisiert werden muss, so sind wir bemüht, diese so zu realisieren (unter anderem durch das Ausschöpfen von Haushaltsreserven), dass die Uni hiervon möglichst überhaupt nicht betroffen wird, oder allenfalls in geringem Ausmaß.
Aber selbst wenn die Uni von der Minderausgabe betroffen werden sollte, so wird dies keinesfalls Kürzungen in der von Ihnen genannten Größenordnung bedeuten, nicht einmal ansatzweise.
Trotzdem gebe ich Ihnen Recht: Wissenschaft und Forschung sind Aufgaben, die für die Zukunft vieler junger Menschen und für die Stadt insgesamt von zentraler Bedeutung sind. Deshalb müssen sie auskömmlich finanziert sein. Als jemand, der selbst viele Jahre als Hochschuldozent tätig war, ist mir dies nicht nur vollkommen bewusst, sondern auch ein Anliegen. Als gesamtverantwortliche Politiker müssen wir allerdings diese Bedeutung des Wissenschaftsbereiches und seine berechtigten Anspräche zu den Ansprüchen aller anderen öffentlichen Bereiche und zu den finanziellen Rahmenbedingungen insgesamt in ein möglichst ausgewogenes Verhältnis setzen. Daran arbeiten wir.
Jüngest haben wir als SPD-Fraktion unserer Forderung Nachdruck verliehen, durch Verbesserungen auf der Einnahmenseite die Haushaltssituation insgesamt zu verbessern, u.a. durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Aber diese Entscheidungen fallen auf Bundesebene. Wenn Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen mit uns zusammen für höhere finanzielle Mittel für die Hochschulen kämpfen wollen, dann setzen Sie sich mit uns zusammen für eine gerechtere Steuerpolitik ein, u.a. durch eine angemessene Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Sven Tode