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Frage von Kevin R. •

Frage an Sven Kohlmeier von Kevin R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Lieber Herr Kohlmeier,

soeben lese ich, dass in der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses die Vorlage für ein neues Berliner Versammlungsgesetz beschlossen wurde. Dies sieht, wie sie auf ihrer Webseite schreiben, die Anfertigung von nicht gespeicherten Übersichtsaufnahmen von Demonstrationen vor.

Hierzu habe ich folgende Fragen an sie:

a) Aufgrund der rasanten Entwicklung von CCD Chips ist es möglich, auch mit handelsüblichen Kameras aus großer Entfernung sehr nah an einzelne Personen heranzuzoomen. Welche technischen, also hardware-seitigen, Maßnahmen sollen ergriffen werden, um genau dies zu verhindern?

b) Welche technischen, also hardware-seitigen, Maßnahmen sollen ergriffen werden, um eine Speicherung unmöglich zu machen, die ansonsten ja mittels Knopfdruck möglich wäre.

c) Das Demonstrationsrecht ist ein grundgesetzlich verankertes politsches Artikulations- und Beteiligungsmittel. Neben der individuellen Abschreckungswirkung solcher Übersichtsaufnahmen steht meiner Ansicht nach die Frage im Raum, inwieweit eine bessere "Lenkung" nicht eine erhebliche Einschränkung dieses kollektiv ausgeübten Beteligungsrechtes darstellt. Die so ermöglichte Kontrolle über einen Demonstrationszug hat m. E. ganz erhebliche Auswirkungen auf die freie Artikulation politischer Forderungen, die ohnehin bereits durch bestehende Gesetze stark ausgebaut ist. Können sie - jenseits von Gemeinplätzen - konkrete Beispiele dafür anführen, die die Notwendigkeit der Maßnahme begründen, also Momente nennen, in denen die hochentwickelten Polizeitaktiken der Berliner Polizei versagten?

Es grüßt

K. M. Reckel

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Sehr geehrter Herr Reckel,

vielen Dank für Ihre Frage. Es ist zutreffend, ich habe im Rechtsausschuss für die Vorlage gestimmt. Ich darf Sie zunächst auf meine Internetseite und den dortigen Artikel und den Gesetzestext zum Thema verweisen, in dem Sie meine Auffassung und Verbesserungsvorschlag wiederfinden ( http://www.sven-kohlmeier.de/?p=1678 ).
Ihre Fragen beantworte ich gerne ergänzend: Mittels der Übersichtsaufnahmen soll quasi ein verlängertes Auge für die Einsatzleitung erreicht werden, die nicht vor Ort ist, um die Lage einzuschätzen. Nach dem Gesetz ist es verboten, an einzelne Personen heranzuzommen, so dass diese erkennbar sind.
Ich verweise hier auf den Gesetzestext und habe keinen Zweifel, dass sich die Polizei rechtmäßig verhält. Genauso verhält es sich mit der Speicherung; auch diese ist nach dem Gesetz ausgeschlossen, auch hier habe ich keine Zweifel, dass die Polizei sich rechtmäßig verhält. Mir sind durchaus die Befürchtungen bekannt, dass die Polizei "indiviualisieren" wie auch "speichern" würde. Ich finde, in einem Rechtsstaat müssen und sollten wir der Polizei das Vertrauen entgegenbringen, dass sie sich rechtmäßig verhält. Wenn die Polizei gegen das Gesetz verstoßen sollte, bin ich gerne bereit, im Abgeordnetenhaus die Konsequenzen daraus zu fordern. Das Versammlungsrecht wird durch die Übersichtsaufnahmen m.E. nicht eingeschränkt. Wird die Übersichtsaufnahme aus großer Entfernung gemacht (z.B. von einem Haus) ist eine persönliche Erkennbarkeit von Demonstrationsteilnehmern ausgeschlossen; ein heranzoomen nach dem Gesetz nicht zulässig; wird die Übersichtsaufnahme aus der Versammlung heraus z.B. von einem Videofahrzeug gemacht, muss dies nach meinem Vorschlag entsprechend deutlich gekennzeichnet werden zB durch eine Warnweste. Ich kann das Bedürfnis der Einsatzleitung verstehen, durch Übersichtsaufnahmen aus großer Entfernungen den Verlauf der Versammlung nachvollziehen zu können und natürlich muss es für die Polizei auch möglich sein, die Einsatzplanung unter Zuhilfenahme technischer Mittel zu planen. Ein Einsatz der Übersichtsaufnahmen ist nur unter den Einschränkungen des § 2 der Regelung des Gesetzesvorschlages und nur im Einzelfall, wenn es auf Grund der Größe oder Unübersichtlichkeit erforderlich ist.

Ich hoffe Ihre Frage ausführlich beantwortet zu haben, wenn ich Sie
wahrscheinlich auch nicht von der Notwendigkeit überzeugen kann, konnte
ich Ihnen hoffentlich vermitteln, dass es uns auf ein rechtsstaatlich
ordnungsgemäße Regelung ankommt.

Mit freundlichen Grüßen aus Kaulsdorf

Sven Kohlmeier