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Sven-Christian Kindler
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Frage von Klaus S. •

Sehr geehrter Herr Kindler! Kann radioaktiv kontaminiertes Metall nach der Behandlung durch Einschmelzen und Abtrennen der radioaktiven Schlacke noch Plutonium enthalten?

Sehr geehrter Herr Kindler!

Es ist Stand der Wissenschaft, daß radioaktives Metall aus dem Abriß von Atomkraftwerken auch nach der Behandlung durch Einschmelzen, dem Abtrennen radioaktiver Schlacke und anschließendem "Freimessen" den Alphastrahler Plutonium enthalten kann. Plutonium kann so durch die seit Jahren in Deutschland gängige Praxis ins Metallrecycling eingeschleppt werden und schließlich auch in Gebrauchsgegenständen des Alltags wie etwa Kochtöpfen enthalten sein.

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Sehr geehrter Herr S.,

 

Danke für Ihre Frage bezüglich der Freigabe von Stoffen (wie Metallen) aus der strahlenschutzrechtlichen Überwachung.

 

Der Freigabe liegt das 10-Mikrosievert Konzept zu Grunde. Das Konzept stellt sicher, dass für Einzelpersonen in der Bevölkerung lediglich eine effektive Dosis im Bereich von 0,01 Millisievert (10 Mikrosievert) pro Jahr auftreten kann. Diese ist eine im Vergleich zur natürlichen Strahlenexposition in Deutschland (durchschnittlich 2,1 Millisievert pro Jahr) sehr kleine zusätzliche Exposition. Nur bei einer sehr geringen Strahlenbelastung können also auch Metalle in den Wertstoffkreislauf gelangen.

 

Die Freigabewerte sind in der Tabelle 1 in Anlage 4 der Strahlenschutzverordnung festgelegt. Hier finden sich auch die für Ihre Frage einschlägigen Freigabewerte für relevante Plutonium Isotope für den behördlich vorgesehenen Freigabeweg "Metallschrott zur Rezyklierung" in einem dafür zugelassenen Schmelzbetrieb (Spalte 14).

 

Auf Ihre Frage bezogen, es ist praktisch nicht zulässig, dass die Entscheidung über die Freigabefähigkeit von Metallen beim Einsatz in Kernkraftwerken von Plutonium bestimmt wird, denn: Plutonium muss im Reaktorbetrieb in den Brennelementen verbleiben, diese werden nach deren Verbrauch kerntechnisch entsorgt bzw. gelagert. Eine unkontrollierte Freisetzung in den Primärkreislauf ist praktisch auszuschließen durch regelmäßige Bestimmung von Nuklidvektoren (die Zusammensetzung einer Kontamination in einer kerntechnischen Anlage). Das für die Freigabe von Metallen begrenzende Radionuklid ist häufig Co-60 (Cobalt), welches durch Aktivierung reaktornaher Einbauten entsteht, dann möglicherweise im Primärkreislauf verteilt wird und hier zu Kontaminationen führen kann. Ebenfalls relevant ist das Spaltprodukt Cs-137 (Cäsium). Etwas kurzlebigere Radionuklide können im Rückbaubetrieb durchaus eine zusätzliche Rolle spielen, gerade in Bezug auf die Strahlenbelastung beschäftigter Personen.

 

Plutonium spielt zwar bei den meisten Betrachtungen im Strahlenschutz eine Rolle, weil im Umkehrschluss immer nachgewiesen werden muss, dass dessen sicherer Einschluss gewährleistet ist. Es liegen jedoch keine Erfahrungen vor, dass im industriellen Großmaßstab eine unerkannte Verschleppung von Plutonium möglich ist. Dies würde messtechnisch frühzeitig erkannt werden, wenn alle Kontrollmechanismen greifen.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Sven-Christian Kindler

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