Ist durch flächendeckende europäische und nationale Kontrollen sichergestellt, daß Getreide mit Belastungen oberhalb von Grenzwerten sicher nicht in den Nahrungskreislauf gelangen?
Sehr geehrte Frau Mittag, in den Medien (junge welt Tschernobyl-Honig 22.04.2023) wird die Tage über Fälle von verschiedenen Belastungen in ukrainischem Getreide berichtet. Die Rede ist von Pestiziden, wie auch Verseuchung durch Uran-Munition und Russ möglich ist.
Nach dem sogenannten Getreide-Deal mit osteuropäischen Ländern, der die weitere zollfreie Einfuhr garantiert, steht weiter die Frage der mutmaßlichen Verseuchung im Raum.
Da es in unserem Wirtschaftssystem auch im Nahrungsmittelbereich leider ausreichend kriminelle Energie gibt (Tönnies deutschlandfunkkultur 27.06.2021), ist ohne Kontrolle der Weg in unsere Nahrungsmittel leicht denkbar.
Sehr geehrter Herr G.
vielen Dank für Ihre Frage, die ich aufgrund der Berichterstattung zu diesem Thema sehr gut nachvollziehen kann. Unerwünschte Stoffe können aus vielen Quellen in die Nahrung gelangen. Zum Teil handelt es sich um Rückstände aus Pestiziden oder Schadstoffen aus der Umwelt - teils entstehen sie bei der Herstellung von Lebensmitteln. Die Ursache kann aber auch in Anwendungsfehlern beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln liegen. Daher sind entsprechende Kontrollsysteme wichtig, die auch länderübergreifend vereinheitlicht funktionieren. In der EU gibt es zu diesem Zweck das Koordinierte Kontrollprogramm der Gemeinschaft (KKP), das wiederum die Vorgaben für nationale Kontrollen macht. In Deutschland erfolgt die Umsetzung durch das Kontrollkonzept "Pflanzenschutzmittelrückstände in oder auf Lebensmitteln nach der Verordnung (EG) Nr. 396/2005", das gemeinsam von Bund und Bundesländern erarbeitet wurde. Es ermöglicht die Umsetzung im Rahmen des Monitorings (Verbraucherexposition) und der risikoorientierten amtlichen Lebensmittelüberwachung (Einhaltung von Rechtsvorschriften). Bis importiertes Getreide als Bestandteil eines verarbeiteten Lebensmittels beim Verbraucher ankommt, unterliegt es mehrerer Kontrollinstanzen. Auch wenn man ein Risiko nie komplett ausschließen kann, haben wir in Deutschland, aber auch in der EU als Ganzes, einen sehr hohen Standard bei der Lebensmittelsicherheit.
Die verstärkte Berichterstattung zu dem Thema, im Zusammenhang mit ukrainische Getreideexporten, unterstützt die Position derer, die solche Exporte für die Märkte einzelner EU-Mitgliedstaaten als bedrohlich ansehen - nicht aufgrund möglicher Belastung mit Rückständen, sondern aufgrund der Verschlechterung der Marktpreise. Auch diese Position ist nachvollziehbar. Mittlerweile hat sich die Lage aber insofern entspannt, als dass sich die betroffenen östlichen EU-Mitgliedstaaten unter Vermittlung der EU-Kommission darauf einigten, die Einfuhr bestimmter Produkte aus der Ukraine ohne mengenmäßige Beschränkungen sowie ohne Zoll- und amtliche Kontrollen wieder zuzulassen. Im Gegenzug sollen für Produzenten von Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkernen in Osteuropa "außergewöhnliche Schutzmaßnahmen" greifen. Zudem profitieren betroffene Landwirte von einem für sie vorgesehenen Unterstützungspaket.
Zu den Gerüchten um eine Verseuchung durch Uran-Munition und Ruß habe ich zwar keine Informationen. Aber das könnte sich nur auf Getreide aus Kampfgebieten beziehen. In diesen Abschnitten kann jedoch aufgrund der Kampfhandlungen keine reguläre Landwirtschaft stattfinden, da dort keine Bodenvorbereitung, Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz und Ernte erfolgen kann. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass aus solchen Gebieten belastete Ernteerträge exportiert würden. Im Zweifel gibt es aber immer noch die genannten Kontrollen.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Mittag