Frage an Susanne Melior von Claudia K. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
"Sozial. Gerecht. Demokratisch! Das sind drei Gründe, bei der Europawahl die SPD zu wählen. Ich wünsche mir ein gerechtes, friedliches Europa. Wichtig ist, dass wir in Europa mehr Solidarität leben und soziale Aspekte stärker in den Fokus rücken."
Die EU ist, genau wie die SPD und jede andere etablierte Partei in Deutschland (Ausnahme Die Linken, die noch keine Gelegenheit hatten, zu zeigen, ob sie sich auch in Regierungsverantwortung noch so zeigen, wie in der Opposition) weder sozial, noch gerecht, noch demokratisch. Europa ist ebenfalls nicht gerecht und schon mal gar nicht friedlich, wie wir gerade an der Ukraine-Situation sehen. Wen also soll ein verantwortungsbewußter Bürger wählen, wenn er europäische Solidarität leben und soziale Aspekte in den Fokus rücken möchte? Ich spreche hier NICHT von Solidarität und Sozialbewußtsein gegenüber Banken, Lobbys, USA etc. sondern von den "normalen" Bürgern, die in Europa leben und denen bis auf Winzigkeiten bis heute von der EU überwiegend geschadet wurde.
Mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung auf Antwort
Sehr geehrte Frau Kranenburg,
wie Sie sich vielleicht denken können, teile ich Ihre sehr pessimistische Sicht auf die Europäische Union nicht. Natürlich kann und muss die EU sozialer, gerechter und demokratischer werden. Genau daran arbeiten Sozialdemokraten, seit es die EU beziehungsweise ihre Vorgänger gibt. Eine perfekte EU wäre wie das Paradies. Schön, aber unrealistisch.
Sollten Sie wirklich nicht wissen, wen Sie wählen könn(t)en, um „europäische Solidarität“ zu leben und „soziale Aspekte“ in den Fokus zu rücken, so könnte ich Sie auf Vieles hinweisen, um Ihre Entscheidung zu befördern. Ich möchte mich hier aber auf nur wenige Anmerkungen beschränken:
Für die Menschen in den ostdeutschen Bundesländern hat die Europäische Union seit der Wende 1990 mit vielen Projekten im sozialen Bereich und im Bereich des Infrastrukturausbaus Fördergelder in großem Umfang bereitgestellt. Ohne diese Mittel wäre Ostdeutschland heute noch sehr weit von dem bereits erreichten Aufbau entfernt. Aber auch der Westen des Landes hat entscheidend von der EU profitiert. Viele Maßnahmen im Osten wurden und werden von Firmen aus Westdeutschland ausgeführt und sichern damit Arbeitsplätze in Ost- und Westdeutschland. Erst recht geschieht dies auch durch unsere Exporte in alle übrigen EU-Mitgliedstaaten. Weit mehr als die Hälfte unserer Exporte gehen ins EU-Ausland. Das sichert uns Wohlstand und soziale Sicherheit. Wo wäre Deutschland heute ohne die EU?
Die Länder Osteuropas, die 2004 Mitglieder der EU geworden sind und denen es heute deutlich besser geht als vor zehn Jahren – allen voran gilt dies für Polen – wissen dies zu schätzen. Genau dies ist auch der Grund, weshalb sich die Ukraine für Verhandlungen mit der EU ausgesprochen hatte.
Erklärtermaßen ist es Ziel der EU, das Entwicklungsgefälle zwischen den Regionen und Mitgliedstaaten zu verringern. Der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt soll mit Hilfe von Struktur- und Kohäsionsfonds gestärkt werden. Das ist praktizierte europäische Solidarität.
Martin Schulz, der sozialdemokratische Spitzenkandidat bei der Europawahl, nennt den entscheidenden Grund, sich für die EU zu engagieren: „Europa ist die Antwort auf den Irrsinn der Kriege unter Nachbarn. Das dürfen wir nie vergessen. Doch heute muss Europa noch etwas anderes leisten: Europa muss als Gemeinschaft handeln, weil kein Staat allein unsere sozialen Werte gegen eine hemmungslose Globalisierung verteidigen kann.“
In diesem Sinne stehe ich ebenfalls für das bisher Erreichte und das noch durch die Europäische Union in Zukunft zu Erreichende ein.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Melior