Stellen Frauenquoten für Sie die Lösung für Gleichberechtigung in Unternehmen dar oder gibt es bessere Weiterentwicklungen, wie z.B. andere Unternehmensstrukturen?
Sehr geehrte Frau Hennig-Wellsow,
Quoten sind keine Garantie für eine gute Führung. Auch ein Vorstand, welcher sich komplett aus Frauen zusammensetzt, kann schlechte Entscheidungen (für Frauen) treffen.
Zudem beschränken Quoten die Demokratie, da durch eine Quote Wahlmöglichkeiten oder Wahlergebnisse, durch Vorschriften einschränkt, abgefälscht werden.
Jedoch wählt die "Elite" ihre Nachfolge nach Ähnlichkeit aus. Dadurch werden alle nicht männlichen Personen benachteiligt. Aber auch Männer, welche z.B. aus ärmeren Haushalten stammen und nicht den gleichen Habitus aufweisen wie die jetzige "Elite".
Nun kann man nicht für jede Art der Benachteiligung eine neue Quote einführen.
Die Frage ist also: Wie möchten Sie und ihre Partei systematisch Benachteiligung, welche aus einem Ähnlichkeitsprinzip entsteht, verhindern, z.B. durch andere Unternehmensstrukturen?
Ich bleibe dabei, dass die Quote ein wichtiges Instrument zum Abbau von Ungerechtigkeiten auf Grund des weiblichen Geschlechts ist. In unserer Gesellschaft wirken Machtstrukturen und Rollenbilder, die - obwohl sie sehr alt sind- Männlichkeit zur Norm erklärt und Frauen und andere Geschlechter dem männlichen Geschlecht gegenüber abwertet. Diese Machtstrukturen und Rollenbilder werden nicht allein nur durch die Quote aufgebrochen, aber sie trägt dazu bei die Ungleichheit sichtbar zu machen und drängt dazu Frauen ebenso wie Männer als geeignet und qualifiziert zu betrachten. Denn das sind sie nicht weniger als die Männer.
Diesen Gedanken liegt die Überzeugung zu Grunde, dass es nicht das Geschlecht ist was darüber bestimmt wie gut ein Mensch etwas kann oder wofür er geeignet ist. Für eine gerechte Verteilung zwischen den Geschlechtern einzutreten, heißt nicht Frauen den Vorzug zu geben, sondern die Überzeugung, dass nicht das Geschlecht das Können bestimmt, auf Männer anzuwenden.
Demokratie heißt für mich, dass alle mitmachen können, alle vertreten sind - auch ihrem Anteil an der Gesellschaft entsprechend. Es leben mehr Frauen als Männer in Deutschland und dennoch sind Frauen in nahezu allen gesellschaftlichen und politischen Positionen stark unterrepräsentiert. Eine Quote verfälscht also nicht, sondern bildet die Realität ab.
Sie sprechen mit dem Aspekt der anderen Unternehmensstruktur einen Punkt an, den ich ebenso als wichtig ansehe wie die Arbeitswelt geschlechtergerechter werden kann. Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit verbunden der erhöhte Anteil von Teilzeitarbeit und Arbeit im Niedriglohnbereich bei Frauen braucht Antworten aus den Unternehmen, aber auch sozialpolitische Antworten. Zum Beispiel in dem Regelungen zu Elternzeit und Elterngeld so geändert werden, dass sie nicht dazu führen, dass Frauen im Rollenbild der zu Hause bleibenden Mütter festgehalten werden.
Auch braucht es dringend mehr tarifliche Bindung in Unternehmen, um das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern auszugleichen und um Frauen - wie uns die Pandemie aktuell vor Augen führt - vor finanziellen Verlusten auf Grund fehlender Tarifbindung zu schützen.?
Beste Grüße
Susanne Hennig-Wellsow