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Susanne Hennig-Wellsow
DIE LINKE
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Frage von Reinhard G. •

Die Bundesregierung plant, dass Ausländerbehörden Menschen wegen eines Likes im Internet ohne Gerichtsurteil abschieben können. Wie denken Sie darüber? Verstößt das nicht gegen unsere Verfassung?

Sehr geehrte Frau Hennig-Wellsow,

https://netzpolitik.org/2024/kabinettsbeschluss-ausweisung-schon-nach-einem-like/

Diese Gesetzesänderung soll sehr schnell verabschiedet und einem Gesetzentwurf „zur Stärkung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungs- und Genehmigungsverfahren“ beigefügt werden. Mir ist nicht bekannt, ob darüber schon im Bundestag beraten wurde.

Wie denken Sie darüber? Was könnte konkret der Anlass für eine Ausweisung sein? Welche Gruppen von Ausländern wären betroffen? Könnte hier beispielsweise ein Unterschied nach den Herkunftsländern gemacht werden? Oder danach, in welchem Land, oder an wem, eine mit einem Like versehene Gewalttat stattfindet?

MfG

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr G.,

danke für Ihr Interesse an der geplanten Verschärfung des Ausweisungsrechts. Bisher wurde über den Gesetzentwurf noch nicht im Bundestag beraten. Nach meinen Informationen soll dazu im Herbst eine öffentliche Anhörung mit Sachverständigen stattfinden, den Termin kenne ich aber noch nicht und die Anhörung wurde auch noch nicht formell beschlossen. 

Ich – und die Linke insgesamt – sehen den Vorstoß sehr kritisch und werden ihn im Parlament ablehnen. Schon jetzt gibt es in Deutschland ein sehr strenges Ausweisungsrecht, das es den Ausländerbehörden ermöglicht, eine umfassende Kontrolle über Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft auszuüben. Bereits jetzt ist es möglich, Personen wegen bestimmter Aktivitäten (Likes, Kommentare, Posts) in sozialen Medien auszuweisen. Damit wird zum Teil tief in das Recht auf Meinungsfreiheit eingegriffen, was ich sehr problematisch finde. Anstatt Verschärfungen der letzten Jahre zu überdenken und zurückzunehmen, will Innenministerin Faeser die Schwelle nun noch weiter absenken. 

Dem Gesetz nach soll bei Ausweisungen keine Unterscheidung zwischen Gruppen von Ausländer*innen bzw. Herkunftsländern gemacht werden, das wäre auch diskriminierend. In der Praxis ist aber zu beobachten, dass bestimmte Gruppen besonders im Fokus der Behörden stehen. 

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Hennig-Wellsow 

 

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