Frage an Susanne Hennig-Wellsow von Kurt G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hennig-Wellsow
auf dem Parteitag sagten Sie (https://www.facebook.com/linkspartei/videos/1441278866219373, Minute 2.6): "Wir sind im Klassenkampf. Und Klassen sind nichts abstraktes."
Für mich stellt sich die Frage, welche Klassen Sie meinen. Die DDR hat einmal Klassen definiert ... die Klasse der Arbeiter, die Klasse der Bauern, die Klassen der Intelligenz etc.
Sehr geehrter Herr Gabriel,
in der politischen wie soziologischen Betrachtung der Gesellschaft gibt es viele Modelle, Ungleichheiten und Machtverhältnisse zu beschreiben. Die Klassenanalyse gehört dazu, und sie hat zu Unrecht in der öffentlichen Debatte in den vergangenen Jahren nur noch eine Nebenrolle gespielt. Der von mir bewusst gewählte Begriff ist natürlich zugespitzt auf die ökonomisch begründeten Machtverhältnisse, die daraus resultierende Ungleichheit - nicht zuletzt, was die Einflussnahme auf Entscheidungen der Gesellschaft angeht. In der Pandemie sind die großen Vermögen weiter gewachsen, viele Menschen mussten dagegen Einkommensverluste hinnehmen. Wenn im Wahlkampf nun zum Beispiel von der CDU von »unserem Wohlstand« die Rede ist, wird ausgeblendet, dass dieser sehr ungleich verteilt ist. Wenn sich Lobbyorganisationen von Unternehmen dann offensiv in den Wahlkampf einmischen, damit es nicht zu sozialerer Politik oder zur Bekämpfung der großen Ungleichheit kommt, zeigt sich, wie hier im Interesse bestimmter Gruppen versucht wird, auf Politik einzuwirken. Der berühmte US-Unternehmer Warren Buffet hat einmal gesagt: »Es herrscht Klassenkampf, meine Klasse gewinnt, aber das sollte sie nicht.« Deshalb habe ich den Begriff aufgegriffen, weil es heute immer noch eine enorme Bedeutung hat, wer über Eigentum an Produktionsmitteln verfügt, wer sich den größten Teil des gesellschaftlich erarbeiteten Reichtums aneignet - und wer das nicht kann. Für mich bleibt das Ziel, bei der bevorstehenden Bundestagswahl die Richtung zu ändern: Politik vor allem im Interesse der Mehrheit, statt weiterhin Politik, die jene begünstigt, die schon viel haben.
Ihnen Alles Gute.
Mit solidarischen Grüßen
Susanne Hennig-Wellsow