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Stephan Stracke
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Frage von Thomas S. •

Frage an Stephan Stracke von Thomas S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Stracke,

eins gleich vorneweg, ich habe weder Sie, noch Ihre Partei gewählt, aber ich möchte dennoch zwei Fragen an "meinen" Abgeordneten stellen.

Die erste: Wie stehen Sie zum Verfassungsauftrag des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV)?
Denken Sie, dass wir noch zu unseren Lebzeiten (ich bin etwas jüger als Sie) dessen Umsetzung erleben? Soll er, Ihrer Meinung nach, überhaupt umgesetzt werden?

Die zweite Frage ist etwas frecher gestellt:
Bzgl. Ihres Abstimmungsverhaltens, das ich auf abgeordnetenwatch.de überflogen habe, fragte ich mich, ob es Themen gibt, bei denen sich Ihre eigene Meinung von der Parteirichtlinie unterscheidet. Oder liegt es nur daran, dass blind gefolgt wird?

Trotz des möglicherweise als unverschämt empfundenen Stils meinerseits würde ich mich über eine Antwort freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schmid

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Sehr geehrter Herr Schmid,

vielen Dank für Ihre zwei Anfragen.

Zunächst zu Ihrer ersten Frage. Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung behandelt die Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, die zum Stichtag des 14. August 1919 bestanden haben und auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstitel beruhen. Staatsleistungen sind alle staatlichen Zuwendungen von vermögensrechtlichen Vorteilen. Dabei handelt es sich heute unter anderem um Zahlungen (Donationen) für den Personal- und Sachbedarf, für die Ausbildung, Besoldung und Versorgungen der Geistlichen, aber auch anderer Kirchenbediensteter.

Die Staatsleistungen haben ihre Ursache in der Säkularisierung im Jahr 1803. Der Besitz der Kirche ging auf die Landesfürsten über. Im Gegenzug mussten sich die einzelnen Länder verpflichten, die Versorgung der Kirchen zu übernehmen. Ein Teil dieser Lasten wurde mit der Kirchensteuer auf die Kirchenmitglieder übertragen. So sind beispielsweise der Rechtsgrund für die Staatsleitungen gegenüber der Katholischen Kirche im heutigen Gebiet des Freistaates Bayern die Konkordate aus den Jahren 1817 und 1924. Artikel 140 GG bzw. Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung regelt, das dieses alte Recht fortwirkt. Allerdings treffen die Kirchen und einzelne Bundesländer immer wieder Absprachen über Änderungen und Ablösungen einzelner Staatsleistungen. So hat der Freistaat Bayern beispielsweise ehemals kirchliche Liegenschaften an die Kirche zurückübereignet mit der Folge, dass staatliche Unterhaltsverpflichtungen weggefallen sind. Daneben hat Bayern per Gesetz die Zahlungen von Personalkosten an Geistliche beider Konfessionen neu geregelt.

Das Grundgesetz geht von einer Ablösung der Staatsleistungen durch die Landesgesetzgebung aus. Dies bedarf grundsätzlich einer bundesgesetzlichen Rechtsgrundlage. Daran fehlt es bis heute. Dies hat ihre Ursache nicht zuletzt darin, dass eine gänzliche Auflösung erhebliche Kostenverpflichtungen des Staates im Milliardenbereich mit sich bringen würde.

Die Kirche und andere Religionsgemeinschaften sind ein wesentlicher Faktor unseres Gemeinwesens. Sie tragen erheblich zum Wertebewusstsein bei und leisten zahlreiche wichtige Beiträge zur kulturellem, pädagogischen und soziale Infrastruktur unseres Landes. Konkrete Überlegungen, zum Beispiel das Konkordat in Bayern aufzulösen und damit die Staatsleistungen des Freistaates abzulösen, gibt es nicht. Das Verhältnis von Staat und Kirche ist in Bayern von einem partnerschaftlichen Verhältnis geprägt. Es gibt keinen Grund, dieses aufzukündigen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Eine – wie Sie es formulieren – Parteirichtlinie bei Abstimmungen gibt es nicht. Nach dem Grundgesetz sind Abgeordnete Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen verpflichtet.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Stracke

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