Frage an Stephan Kühn von Matthias J. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Kühn,
Ich bitte Sie um eine differenzierte Stellungnahme zur Studie https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/cce/2019/klimabilanz-kosten-potenziale-antriebe-pkw-lkw.pdf im Hinblick auf die Nutzung von biogenem Methan in der Mobilität.
Anlass der Frage ist der Ausstieg von VW aus der Weiterentwicklung von CNG-Fahrzeugen.
Grund hierfür ist eine Ungleichbehandlung von E-Autos und CNG-Autos in puncto CO2-Flottenausstoß: E-Autos zählen auch dann als Zero-Emission-Fahrzeuge, wenn sie 100% mit Braunkohlenstrom betrieben werden. CNG-Autos zählen hingegen auch dann als fossile Umwelt-Sau, wenn sie 100% mit Gülle-Gas betrieben werden. Somit hilft das CNG-Fahrzeug zwar de fakto der Umwelt, nicht aber den Konzernen bei der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben. Derweil dienen E-Autos dazu den CO2-Fottenausstoß zu schönen und somit als Freibrief, auf der anderen Seite weiterhin spritfressende fahrende Festungen zu verkaufen.
Wie wollen Sie gegen diesen Fehlanreiz vorgehen? Was halten Sie davon, die unfairen Regelungen zum CO2-Flottenausstoß komplett zu kippen und stattdessen konsequent spürbare CO2-Abgaben auf Strom und Treibstoffe zu erheben, und zwar abhängig von ihrer tatsächlichen CO2-Bilanz?
Wie wirkt es wohl, dass die Grünen in Ihrer Veröffentlichung "Umweltbilanz_Elektromobilitaet-Fakten-Argumente-Forderungen_01.pdf" die untragbaren Zustände der Lithium-Gewinnung im Dreiländereck Argeninien-Bolivien-Chile und der Kobalt-Gewinnung in illegalen Minen im Kongo in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung abschieben?
Hätte eine grüne Bundesregierung wirklich ein Interesse daran, sich für dieses Thema zu engagieren? Und welcher Einfluss wäre realistisch?
Zukünftige Batterietechniken werden in rosaroten Farben ausgemalt und präsentiert, dass 94% eines Lithium-Akkus recyclet werden können. Doch dass dabei KEIN Lithium zurückgewonnen wird, wird verschwiegen. Ergebnis des LithoRec II Projekts: Die Rückgewinnung des Lithiums wäre wirtschaftlich machbar!
Wie wollen die Grünen dazu beitragen, dass endlich auch für Lithium ein nachhaltiger Stoffkreislauf etabliert wird?
Ist es angesichts der eingangs erwähnten Studie, dem moralischen Rucksack, und fehlender Nachhaltigkeit des Lithium-basierten E-Autos verantwortbar, dem CNG-Auto, und mit ihm den zahlreichen Betreibern von CNG-Tankstellen (in Bayern bietet schon jede zweite CNG-Tankstelle klimaneutrales Biogas an, da EEG-Verträge auslaufen), die Zukunft zu nehmen?
Sehr geehrter Herr Junk,
vielen Dank für Ihre Frage. Volkswagen hat offenbar entschieden, bei der Entwicklung alternativer Antriebe den Fokus auf batterieelektrische Lösungen
zu legen. Das ist auch nachvollziehbar, weil die parallele Fortentwicklung mehrerer Technologien sehr kostenintensiv ist – vor allem, wenn Erdgasfahrzeuge trotz der immer wieder benannten Kostenvorteile durch die Steuerermäßigung auf Erdgas als Kraftstoff
kaum nachgefragt werden. Befürworter der Erdgastechnologie betonen oft, dass Erdgasfahrzeuge effizienter sind als diesel- oder benzinbetriebene Autos. Deshalb gilt, dass Erdgasfahrzeuge sogar unabhängig vom eingesetzten Gas dabei helfen könnten, die Flottengrenzwerte
zu erreichen. Aber wenn diese Fahrzeuge kaum gekauft werden, tragen sie nur wenig zur Zielerreichung bei.
Eine Abschaffung der Flottengrenzwerte, um im Gegenzug Kraftstoffe höher zu besteuern, halte ich für falsch. Damit würde man die Autohersteller komplett
aus ihrer Klimaschutzverantwortung entlassen, weil sie noch weniger Anreize hätten, besonders effiziente oder gar komplett abgasfreie Autos zu bauen. Mit den Flottengrenzwerten gibt es einen direkten Hebel, um die Autohersteller in die Pflicht zu nehmen.
Danke auch für Ihre Frage zum Ressourcenabbau. Selbstverständlich ist die Bundesregierung der richtige Adressat, wenn es um die Problemlösung geht,
denn sie ist in den relevanten UN-Gremien vertreten, in denen derzeit ein rechtsverbindliches Abkommens über Wirtschaft und Menschenrechte entsteht. Die Bundesregierung ist es auch, die weiterhin kein Lieferkettengesetz vorgelegt hat, sondern darüber streitet.
Sie haben recht: Die Rückgewinnung von Lithium im Recyclingprozess ist zwar möglich, wird derzeit aber noch zu selten vorgenommen. Aus diesem Grund
fordern wir Grüne im Bundestag separate Recyclingquoten für die einzelnen eingesetzten Materialien sowie Vorgaben für den Einsatz dieser zurückgewonnen Materialien („Rezyklate“) in neuen Produkten, damit das Recycling auch tatsächlich erfolgt.
Mir ist wichtig zu betonen, dass insbesondere grünes Gas natürlich eine wesentliche Rolle in der Energiewelt von morgen spielt. Nicht zuletzt aufgrund
der begrenzten Mengen wirklich erneuerbar hergestellter Gase müssen wir jedoch gut damit haushalten. Im Pkw-Verkehr deuten die Entwicklungen in der Automobilindustrie jedenfalls nicht darauf, dass sich gasbetriebene Autos durchsetzen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Kühn