Frage an Stephan Braun von Marko N. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Rödling,
als Polizeibeamter muss ich feststellen, dass die Landesregierung - dem allgemeinen Trend folgend - am Personal der Polizei spart.
Als CDU/FDP die Polizei reorganisierten u. die Arbeitszeit auf 41 Stunden erhöhten, wurde propagiert, dass man die Präsenz erhöhen wolle. Davon will man nun nichts mehr wissen. Vielmehr wird bei der Polizeiverwaltung 20% des Personals abgebaut. Es heißt sogar, dass auch Vollzugsstellen abgebaut u. daher Pensionsabgänge nicht mehr ersetzt werden. Seit langem wird kaum Nachwuchs ausgebildet. Dabei überaltert die Polizei u. das Durchschnittsalter liegt in manchen Organisationseinheiten jenseits der 45!
Das Personal der Polizei, ob mit o. ohne Reorganisation und Arbeitszeitverlängerung, wird den Aufgaben nicht gerecht. Diese wurden in der Vergangenheit stetig ausgeweitet. Der Kriminalitätsentwicklung folgend, wurden neue Ermittlungsinstrumente besetzt, wie z.B. die DV-Auswertung oder die zentrale Informationsbeschaffung und -auswertung.
Natürlich stellen neue Ermittlungsinstrumente in den einzelnen Ermittlungsverfahren eine Erleichterung dar. In jedem Fall aber resultiert aus den zusätzlich gewonnenen Informationen auch das Bekanntwerden einer Vielzahl weiterer Straftaten, die anders nicht bekannt geworden wären u. ebenfalls bearbeitet werden müssen. Das kann man ohne weiteres der Kriminalstatistik entnehmen! Was nicht folgte, war neues Personal.
In der Folge ist es nur logisch, dass die Polizei viele Überstunden vor sich her schiebt, da die Kollegen noch motiviert genug sind, das Notwendigste auch über die 41 Stunden hinaus zu erledigen. Es ist doch schizophren, dass uns die Landesregierung diese Überstunden vorwirft u. uns regelmäßig (in jedem Fall vor den Wahlen) auffordert, sie abzubauen. Und das im Jahr der Weltmeisterschaft! Da heiße ich doch die Bundeswehr als Lückenbüßer willkommen (Ironie!).
Wie steht ihre Partei zu dieser Thematik?
m.f.G.,
M. Neuwirth
Sehr geehrter Herr Neuwirth,
auch wenn Ihre Frage an meinen Kollegen Herrn Rödling gerichtet ist, erlaube ich mir, zu Ihrer Frage Stellung zu nehmen.
Sie haben vollkommen Recht: Die Einsparungen der Landesregierung bei der Polizei sind unverantwortlich, gerade angesichts der wachsenden Anforderungen an die Beamtinnen und Beamten. Der massive Stellenabbau im Angestelltenbereich bewirkt, dass die Polizeibeamten verstärkt zu Schreibarbeiten u.ä. herangezogen werden und in den Bereichen fehlen, für die sie ausgebildet sind und in denen wir sie dringend brauchen. Die viel zu geringeren Einstellungszahlen beim Polizeinachwuchs trotz rapide steigender Bewerberzahlen sorgen dafür, dass wir auf einen gewaltigen Generationsbruch zulaufen. In nur sechs Jahren wird jeder zweite Polizist in Baden-Württemberg 50 Jahre und älter sein. Das ist nicht gut für die Polizei und die Innere Sicherheit. Von der Belastung durch derzeit 1,28 Millionen Überstunden, die unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bereits vor der WM vor sich herschieben, will ich gar nicht reden.
Der SPD ist es ein besonderes Anliegen, die Arbeitsbedingungen der Polizei Baden- Württembergs nachhaltig zu verbessern. In den vergangenen Jahren haben wir uns immer wieder für eine angemessenen Entlohnung, bessere Ausbildungsmöglichkeiten, verbesserte Aufstiegs- und Beförderungschancen und für eine gerechte Wochenarbeitszeit bei der Polizei eingesetzt. Die entsprechenden Anträge finden Sie auf den Seiten des Landtags oder auf meiner Homepage stephan-braun-mdl.de. Auch ist aus meiner Sicht eine langfristige Einstellungspolitik notwendig, um der drohenden Überalterung der Polizeibehörden entgegenzuwirken. Dass dies auch in Zeiten knapper Kassen möglich ist, zeigen Beispiele aus anderen Bundesländern.
Ich habe mich konsequent dafür ausgesprochen, dass in unserem Wahlkreis keine weiteren Polizeiposten geschlossen werden, da das Sicherheitsgefühl unserer Bürger darunter leidet und damit einer Mehrbelastung für unsere Polizei einhergeht.
Schließlich braucht unsere baden-württembergische Polizei dringend eine bessere technische Ausstattung. Die Einführung des Digitalfunks ist zwingend dringend notwendig. Ansonsten ist die Polizei auf lange Sicht den anstehenden Herausforderungen in Fragen der Inneren Sicherheit nicht gewachsen.
Stephan Braun, MdL