Frage an Steffi Lemke von Günter M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Lemke,
ich habe durch Anstrengung erreicht, dass ich trotz gesundheitlicher Einschränkungen mein Geld selbst verdiene. Ich erzog meine Kinder zu vorbildlichen Mitbürgern, die auch ehrenamtlich tätig sind.
Nunmehr bin ich etwas über 50 Jahre alt. Da ich meinen Arbeitsplatz wechseln musste, weil die gesundheitlichen Einschränkungen zu enorm wurden, hatte ich keinen Kündigungsschutz. Mein Arbeitgeber sagte mir unmissverständlich, dass er lieber Spanier einstellt.
Kürzlich war nun den Medien zu entnehmen, dass die Zuwanderung auf über 1 Mio. im Jahr 2012 angestiegen ist. Wie Sie dem Link entnehmen können, begrüßte das Frau von der Leyen und bezeichnet das als Glücksfall:
Ich bin es leid, dass die offiziell 3 Mio. Erwerbslose, plus die Erwerbslosen die die Statistik nicht erfasst, als Bagatelle abgetan werden. Viele Menschen sind schon lange erwerbslos, auch durch widrige Umstände. Eine marktnahe Qualifizierung bzw. individuelle Lösungen erfolgen meistens nicht.
Wie kann es sein, dass man nach den hier lebenden Menschen kaum schaut, aber die Bundesagentur für Arbeit z.B. gezielt in Spanien Menschen anwirbt? Ich bin kein Ausländerfeind, aber ich finde es unverschämt, dass die jungen und gesunden Zuzügler die anderen langsam verdrängen bzw. andere gar keine Möglichkeiten haben am Erwerbsleben teil zu nehmen.
Zwei Drittel der Renten sind Versicherungsleistungen, 1/3 der Renten werden aus Steuermitteln bezahlt. Wenn die Zuzügler als Rentner wieder nach Hause gehen, wird ihnen aber genauso viel überwiesen, wie den Leuten die hier leben.
Warum bekommen z.B. Thailänder die dort 20% der hiesigen Lebenshaltungskosten haben, 100% der Rente? Kann es sein, dass die Entvölkerung im südl. Europa zu Problemen führt?
Mit freundlichen Grüßen
Günter Möder
Sehr geehrter Herr Möder,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie bemängeln zurecht, dass bei der Förderung von Arbeitslosen und gerade Langzeitarbeitslosen einiges im Argen liegt. Auch wenn sich inzwischen etliche Agenturen und Jobcenter sehr für die Belange älterer Arbeitsloser engagieren, finden viele Betroffene trotzdem keinen Einstieg ins Arbeitsleben mehr. Ein gewichtiger Grund dafür liegt häufig in der Zurückhaltung der Arbeitgeberseite. Dabei verfügt mehr als die Hälfte der älteren Arbeitslosen nicht nur über eine jahrelange Berufserfahrungen, sondern auch eine abgeschlossene Berufsausbildung bis hin zu einem akademischen Abschluss. Trotzdem werden sie von den Arbeitgebern bei Neubesetzungen weitgehend ignoriert. Ich kann Ihre Frustration deshalb sehr gut verstehen.
Etliche Unternehmen scheinen noch nicht begriffen zu haben, dass sie nicht auf einen Jungbrunnen auf dem Arbeitsmarkt zurückgreifen können. Dieses Verhalten ist mehr als empörend, denn einerseits klagen immer mehr Betriebe über fehlende Fachkräfte, andererseits lassen sie das Potenzial, das gerade auch Ältere mitbringen, ungenutzt. Doch die Wahrheit ist: Wir brauchen sie alle. Während immer noch etwa drei Millionen Menschen arbeitslos sind, herrscht in Teilen der Wirtschaft akuter Fachkräftemangel. Das mag sich paradox anhören, bereitet in der Praxis aber tatsächlich erhebliche Probleme. Leider ergibt sich hier nur rechnerisch eine einfache Lösung des Problems. Denn der Fachkräftemangel existiert vor allem in bestimmten Branchen. Unternehmen haben große Schwierigkeiten, IngenieurInnen, ÄrztInnen, aber auch Pflegekräfte und ErzieherInnen zu finden. In der Altenpflege dauert es beispielsweise 124 Tage, um eine Stelle wiederzubesetzen. Deshalb ist Deutschland auf Zuwanderer angewiesen.
Wir Grüne haben zahlreiche Vorschläge gemacht, wie ältere Menschen bessere Chancen am Arbeitsmarkt bekommen können. Sie zielen zum einen darauf, die Arbeitswelt alters- und alternsgerechter auszugestalten, so dass Arbeitslosigkeit wenn möglich vermieden werden kann. Zum anderen sind es Vorschläge für die bessere Re-Integration älterer Arbeitsloser.
Wir schlagen zum Beispiel vor, gezielter und arbeitsmarktorientierter als bisher zu qualifizieren. Darüber hinaus wollen wir, dass endlich alle Regelungen, die nicht auf die Integration, sondern auf die Ausgrenzung älterer Arbeitsloser zielen, gestrichen werden. Das betrifft vor allem zwei Regelungen im Zweiten Sozialgesetzbuch. Die eine bestimmt, dass über 58-jährige erwerbsfähige Leistungsbezieher und -bezieherinnen unter bestimmten Bedingungen nicht mehr als arbeitslos gelten, die andere sieht die mögliche Zwangsverrentung Arbeitsuchender vor. Es darf keine Anreize mehr geben, Ältere auf das arbeitsmarktpolitische Abstellgleis zu schieben. Zudem setzen wir uns für anonyme Bewerbungen ein, mit denen erwiesenermaßen diskriminierungsfreiere Bewerbungsverfahren erzielt werden können. Heute wird viel zu häufig bei der Stellenvergabe anhand unsachlicher Kriterien und nicht nach der fachlichen Qualifikation entschieden.
Sehr wichtig sind uns auch ehrliche Statistiken, denn nur dadurch werden die tatsächlichen Problemdimensionen offengelegt.
Menschen, die in Deutschland arbeiten, bezahlen auf ihre hiesigen Einkommen die vollen Beiträge und finanzieren damit die Renten der Menschen mit, die in Deutschland bereits in Rente sind – und somit Rentenansprüche haben. Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht nicht zu beanstanden, dass sie auch eine entsprechende Rente erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Steffi Lemke