Portrait von Steffen Bockhahn
Steffen Bockhahn
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Steffen Bockhahn zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Alexander M. •

Frage an Steffen Bockhahn von Alexander M. bezüglich Recht

Hallo Herr Bockhahn,

wie ich der Wikipedia entnehmen kann sind Sie Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages.
Anlaesslich des Datenskandales und den Beziehungen zwischen BND und NSA, den ueber 500 Millionen Datensaetzen die ausgetauscht wurden, moechte ich von Ihnen wissen wie Ihre Arbeit im Kontrollgremium genau aussieht. Wie ich der Wikipedia ebenso entnehmen kann duerfen Sie die Gelaende des BND betreten, Mitarbeiter befragen und Akteneinsicht nehmen.

vielen Dank

Portrait von Steffen Bockhahn
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Müller,

am 28. Februar 2013 wurde ich von der Mehrheit des Bundestages in das parlamentarische Kontrollgremium gewählt. Seit Beginn der 17. Legislatur bin ich bereits Mitglied im Vertrauensgremium. Das Vertrauensgremium bewilligt und kontrolliert die Ausgaben/ die Haushaltspläne der Nachrichtendienste. Es setzt sich vor allem aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses zusammen.

Grundsätzlich: Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) ist für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig und überwacht den Bundesnachrichtendienst (BND), den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV).

Rechtliche Grundlage für die Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist das „Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes“ (Kontrollgremiumgesetz - PKGrG), das am 29. Juli 2009 neugefasst wurde.

Seit 2009 ist das PKGr auch verfassungsrechtlich im Grundgesetz (Art. 45d) verankert:

Im Kontrollgremiumgesetz - (PKGrG) unter § 5 "Befugnisse des Kontrollgremiums, Amtshilfe" wird in der Tat unter Absatz (1) den Mitgliedern des PKGr folgendes eingeräumt: "(1) Soweit sein Recht auf Kontrolle reicht, kann das Parlamentarische Kontrollgremium von der Bundesregierung und den in § 1 genannten Behörden verlangen, Akten oder andere in amtlicher Verwahrung befindliche Schriftstücke, gegebenenfalls auch im Original, herauszugeben und in Dateien gespeicherte Daten zu übermitteln sowie Zutritt zu sämtlichen Dienststellen der in § 1 genannten Behörden zu erhalten."

In der praktischen Arbeit des PKGr hat das bisher aber noch nicht stattgefunden.

Die Bundesregierung ist also nach dem Kontrollgremiumgesetz dazu verpflichtet, das PKGr umfassend über die allgemeinen Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten.

Weitere Informationen erhalten Sie auf den Seiten des Bundestages unter:
http://www.bundestag.de/bundestag/gremien/pkgr/einfuehrung.html

Soweit die Theorie. Nun zu meinen politischen Forderungen in Bezug auf die deutschen Geheimdienste.

Der ganze Skandal um die Überwachung und Ausspähung durch ausländische Geheimdienste und die Zusammenarbeit der deutschen Nachrichtendienste mit ausländischen Nachrichtendiensten macht mehr als deutlich:

Geheimdienste sind intransparent, sie verdunkeln, desinformieren, verschleiern und lügen. Geheimdienste sind nicht kontrollierbar und gehören deshalb abgeschafft. Eine reife und wehrhafte Demokratie braucht ein Höchstmaß an Transparenz und Kontrolle. Das ist aktuell nicht gegeben. Unter den derzeitigen Bedingungen brauchen wir kurzfristig mehr parlamentarischen Kontrolle und mehr Transparenz.

Wenn die Bundesregierung die Sicherheit von deutschen Daten nicht gewährleisten kann, dann gehört die Geheimdienstzusammenarbeit insgesamt auf den Prüfstand. Es ist offensichtlich: Die Bundesregierung wird ihrer Aufgabe nicht gerecht, die Deutschen vor Spionage und Überwachung durch Geheimdienste zu schützen. Das wichtige Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wird von der Bundesregierung nicht verteidigt. Seit Wochen versucht sie, die flächendeckende Überwachung klein zu reden. Das ist inakzeptabel.

Das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit ist in den vergangenen Jahren aus der Balance geraten. Die vielen Überwachungsgesetze der letzen Jahre unter rot-grün und den Regierungen unter Kanzlerin Merkel haben die Tür zum Überwachungsstaat ganz weit mit aufgemacht. Wir müssen seit Jahren eine Politik der Angstmache ertragen, die alle unter Generalverdacht stellt und mit Geheimdiensten, Vorratsdatenspeicherungen und millionenfachem Datenaustausch mit den USA agiert. Ich kämpfe dafür, dass künftig wieder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und freie Kommunikation im Mittelpunkt der Politik stehen.

Kurzfristig fordere ich die Minderheitenrechte im Parlamentarischen Kontrollgremium deutlich zu stärken, damit auch für die Bundesregierung unliebsame Vorgänge unverzüglich auf der Tagesordnung landen. Die Regierungsmehrheit darf nicht regelmäßig Anträge der Oppositionsfraktionen überstimmen und damit die Wirksamkeit des PKGr deutlich einschränken.

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Bockhahn