Frage an Stefan Urbat von Peter M. bezüglich Bildung und Erziehung
Ich gehe oft in Diskotheken.
Leider erlebe ich da, daß Frauen oftmals bevorzugt werden in Form von freiem Eintritt und Freigetränken.
Gibt es nicht das allgemeine Gleichstellungsgesetzt, daß dies verhindern sollte, oder können einzelne Anbieter, die sich nicht im öffentlichen Raum bewegen (Discos) dies beliebig machen wie sie wollen?
Sehr geehrter Herr Müller,
zunächst einmal verbietet schon unser Grundgesetz Diskriminerung von Menschen aufgrund ihres Geschlechtes, ihrer Herkunft, politischen Einstellung oder Religion o.ä. - Das von Ihnen angesprochene Gleichstellungsgesetz ist eine mehr oder weniger gelungene Umsetzung (das ist derzeit umstritten) einer EU-Richtlinie durch den deutschen Bundestag. Es erscheint mir zumindest im Detail verbesserungswürdig (Normenklarheit, Richtlinienkonformität).
Schon die Wehrpflicht in Deutschland zeigt überdeutlich, dass aufgrund anderer Regelungen von einer Gleichbehandlung der Geschlechter oft keine Rede sein kann.
In der Praxis erhalten z.B. Frauen gerade in Deutschland immer noch für gleich Arbeit bedeutend weniger Gehalt bzw. Lohn, das betrifft keineswegs nur die Verteilung der Stellen, die nicht vergleichbar ist (Qualifikation bzw. Hierarchiestufe in Unternehmen, noch immer befinden sich wenige Frauen in hohen Positionen dort).
Dieses Gesetz gibt keine generelle, totale Gleichstellung her. Es dient v.a. dazu, einige Auswüchse zu verhindern. Z.B. wurden in privaten Krankenversicherungen entgegen mathematischer Modelle, die dort bis dahin für die Beitragsfestsetzung herangezogen wurden, vor wenigen Jahren die Beiträge für Männer und Frauen gesetzlich gleich gesetzt - vorher hatten Frauen wegen der nachweislich häufigeren Arztbesuche und der Möglichkeit der Schwangerschaft aufgrund der genannten Rechenmodelle höhere Beiträge in diesen zahlen müssen. Jetzt wird dieser Unterschied auf alle Versicherten verteilt, was bei Frauen niedrigere, bei Männern höhere Beiträge zur Folge hatte.
Die Gleichstellungsvorschrift gilt allerdings für öffentliche Stellen gleichermaßen wie für Private.
In Ihrem Beispiel könnte sich der Diskobesitzer evtl. darauf berufen, dass Männer manchmal Frauen belästigen, selten aber umgekehrt, weshalb er den Zutritt für Männer erschwert, um dieses Risiko zu senken. Allerdings ist dies reine Spekulation. Eher plausibel erscheint mir, dass er den Frauenanteil erhöhen möchte. Ob das allerdings ein tragfähiger Grund ist, ist eine ganz andere Frage.
Tatsache ist jedoch, dass Sie die Diskriminierung als männlicher Diskobesucher erst einmal mindestens sehr glaubhaft machen, besser sogar nachweisen müssen. Erst wenn das gelungen ist, können Sie überhaupt versuchen, dagegen vorzugehen (Beweislastumkehr).
Ein ähnliches Phänomen wie Sie kenne ich aus einem Fitness-Center: dort gibt es eine Sauna nur für Frauen sowie eine Gemeinschaftssauna und ein Gemeinschaftsdampfbad.
Als Frau können Mitglieder dort unter sich bleiben (zumindest in der Sauna). Dagegen hat man als Mann nur die Alternative, den Wellnessbereich mit Frauen zu teilen oder ihm fernzubleiben. Prüde Männer oder solche, die sich Ihres Körpers schämen (meist dürfte starkes Übergewicht der Grund sein), können sich so vom Besuch dort abgeschreckt fühlen.
Ich denke nicht, dass solche Gesetze wie unser Grundgesetz oder das
allgemeine Gleichstellungsgesetz alle Probleme des Zusammenlebens von
Männern und Frauen abschließend regeln können. Wir sind nun einmal etwas
verschieden, und es bedarf auch eines gewissen Fingerspitzengefühls,
damit im Leben sinnvoll umzugehen.
Konkret denke ich, die Diskothekenbetreiber/-besitzer sollten solche Unterschiede in der Behandlung der Geschlechter jedenfalls nicht übertreiben: was Sie schildern, klingt schon recht drastisch (die Kombination beider Vergünstigungen).
Mit freundlichen Grüßen, Stefan Urbat