Warum wurden bei dem Beschluss am 17.03.23 die Erst- und nicht die Zweitstimmen gestrichen? Finden Sie es sinnvoll, das der direkte Kontakt der Parlamentarier zu den Wählern quasi eliminiert wurde?
Sehr geehrter Herr Seidler, eine Reduzierung der BT-Abgeordneten wurde wie oft gewünscht umgesetzt. Aber nicht im Sinne der Wähler. (zumindest derjenigen, die mit dem Wahlrecht vertraut sind). Bei vielen Wählern gibt es einen Bezug zu Ihrem BT-Abgeordneten, diese sind meistens persönlich bekannt und man macht sich ein Bild von deren Fähigkeiten, davon profitieren auch Sie. Dieser persönliche Bezug wurde durch diese Wahlrechtsreform abgewürgt. Meines Erachtens hat das zur Folge, das nun die Partei bestimmt, wer das Volk vertritt. Die Folge ist, das zum Teil nicht fähige, sondern durch die Parteien privilegierte und gepushte Politiker (Lang, Faeser usw.) künftig die Politik bestimmen. Aus welchen Gründen wurde das so beschlossen und warum wurde die derzeitige Formation der Regierung derart zementiert? Ich bin mit der derzeitigen Politik Habeck und Konsorten nicht einverstanden, wie können wir Wähler das jetzt noch ändern? Ich sehe kaum noch eine Möglichkeit, Rot-grün abzuwählen.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihrer Frage zu diesem wichtigen Thema.
Das Bundeswahlrecht war vor der nun umgesetzten Reform ein sogenanntes personalisiertes Verhältniswahlrecht. Das bedeutet dass, die Wählenden entsprechend des Stimmenverhältnisses im Parlament repräsentiert werden. Entscheidend für die prozentuale Sitzverteilung war bereits vor der Reform die Zweitstimme. Diese hätte man also nicht streichen könne ohne ein grundsätzlich neues Wahlrecht zu bauen.
Zum zweiten Punkt Ihrer Frage: die Erststimme wurde nicht gestrichen - es gibt sie weiterhin. Sie ist nun aber weniger wichtig als zuvor durch die sogenannte Zweitstimmendeckung. Das bedeutet, dass man, als Sieger in einem Wahlkreis durch die Erststimme, nicht mehr automatisch in den Bundestag einzieht, sondern dieses Mandat durch die nötige Anzahl an Zweitstimmen gedeckt wird. So können wir den Bundestag wirklich verkleinern. Eine Alternative wäre gewesen, die Wahlkreise massiv zu vergrößern. Dies hätte, dem von Ihnen angesprochenen, direkten Kontakt der Wählenden zu den Gewählten noch schwieriger gemacht.
Ob ein Kandidat direkt gewählt ist oder nicht, spielt in seiner praktischen Arbeit keine Rolle. Es kommt darauf an wie sehr man sich für seinen Wahlkreis und seine Heimat hier in Berlin einsetzt. Für meine politische Arbeit steht der Wahlkreis immer an einer vordersten Stelle und so geht es vielen meiner Kolleginnen und Kollegen ebenfalls. Egal ob direkt gewählt oder über eine Landesliste.
Ich hoffe dies beantwortet all Ihre Fragen
Beste Grüße