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Stefan Schwartze
SPD
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Frage von Wilk S. •

Frage an Stefan Schwartze von Wilk S. bezüglich Recht

Liebe Kandidatin, lieber Kandidat zur Bundestagswahl 2013

der BdB ist mit rund 6.000 Mitgliedern der größte Verband für Berufsbetreuer in Deutschland . Aufgrund der Tatsache, dass das Betreuungsrecht nicht so bekannt ist, haben wir uns zur Wahl entschieden Sie zu diesem Thema zu befragen.

Seit Feb. 2013 ist es nach §1906 (3) möglich Menschen gegen ihren natürlichen Willen zu behandeln (Zwangsbehahndlung). Diese Möglichkeit der Behandlung entspricht aus unsere Sicht nicht der UN Behinderterechtskonvention.

Wie stehen Sie persönlich zur Zwangsbehandlung, wie steht Ihre Partei zur Zwangsbehandlung?

Vielen Dank.

Mit freundlichem Gruß
Landesvorstand BdB NRW

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Deutsche Bundestag hat am 17. Januar 2013 den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme in 2. und 3. Lesung verabschiedet. Auch die SPD-Bundestagsfraktion hat für den Gesetzentwurf in geänderter Fassung gestimmt.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Die Behandlung gegen den ausdrücklichen Willen des Patienten stellt einen erheblichen Grundrechtseingriff dar. Allerdings kann das Fehlen einer solchen Möglichkeit im Rahmen des Betreuungsrechtes dazu führen, dass Betroffene einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden nehmen. Uns war es daher besonders wichtig, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Recht auf freie Selbstbestimmung auf der einen Seite und dem Schutz vor einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung auf der anderen Seite zu schaffen.

Es ist der SPD-Bundestagsfraktion gegen den anfänglichen Widerstand der Koalitionsfraktionen gelungen, die Durchführung eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens durchzusetzen. Neben einem erweiterten Berichterstattergespräch mit externen Sachverständigen, hat die SPD-Bundestagsfraktion darüber hinaus die Durchführung einer öffentlichen Anhörung unter Teilnahme von Betroffenen erreichen können. Im Zuge dieser Beratungen konnte die SPD-Bundestagsfraktion einige wichtige Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs der Koalition durchsetzen. Dieser wies in seiner Ursprungsfassung deutlich zu geringe Hürden für die Anwendung medizinischer Zwangsmaßnahmen auf. Auf diese Weise konnte die SPD-Bundestagsfraktion die Rechte der Betroffenen deutlich stärken.

Mit dem Gesetz ist die Durchführung einer medizinischen Zwangsmaßnahme auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt worden und ist nur mit einer richterlichen Genehmigung möglich. Sie darf nur als letztes Mittel zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens, der durch keine andere zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann, angeordnet werden. Auch muss zuvor versucht worden sein, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen, um seine freiwillige Zustimmung zur Behandlung zu erreichen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich auch für die Stärkung der Rechte der Betreuten im gerichtlichen Verfahren eingesetzt. Im Verfahren wird den Betroffenen nun immer ein Verfahrenspfleger zur Seite gestellt und Gutachten von Sachverständigen zur Bewertung der Maßnahme eingeholt. Der Sachverständige soll nicht der behandelnde Arzt sein. Falls die Maßnahme über 12 Wochen hinaus erfolgen soll, ist eine externe Begutachtung erforderlich. Der Arzt soll den Patienten noch nicht behandelt haben und soll außerdem nicht Arzt in der Unterbringungsklinik sein.

Die Koalitionsfraktionen sind der SPD-Bundestagsfraktion im Laufe der Beratungen in einigen wichtigen Punkten entgegengekommen, so dass die SPD-Bundestagsfraktion dem Entwurf in geänderter Fassung zustimmen konnte.

Das Thema der medizinischen Zwangsbehandlung ist damit aber längst nicht abschließend behandelt. Es gilt weitere Schritte insbesondere im präventiven Bereich einzuleiten. Zum Beispiel müssen die ambulanten Hilfesysteme ausgebaut werden, um in Krisensituationen den Betroffenen schnell und frühzeitig helfen zu können. Darüber hinaus sollten Patienten rechtzeitig auf die Möglichkeiten einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht hingewiesen werden, damit ihr tatsächlicher Wille dokumentiert ist.

Sie können sich sicher sein, dass die SPD-Bundestagsfraktion sich gerade auch für eine Verbesserung der Situation von unter Betreuung stehenden psychisch kranken Menschen in Deutschland einsetzen wird.

Die UN-Behindertenrechtskonvention will keine Sonderregelungen oder Sonderrechte für behinderte Menschen, sie will gleichberechtigte Teilhabe. Dies bedeutet auch für das Betreuungsrecht, dass der Vorrang der Unterstützung für alle betreuten Menschen gleichermaßen gilt.

Grundsätzlich ist die SPD der Auffassung, dass das geltende Betreuungsrecht noch nicht vollständig im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention und deren Zielen steht. Hier sehen wir noch Nachbesserungsbedarf.

Wir setzen uns sehr dafür ein, dass eine rechtliche Betreuung eine letzte Möglichkeit sein soll. Grundsätzlich ist es uns ein dringendes Bedürfnis, Betreuungen schon frühzeitig zu vermeiden. Betroffenen Menschen muss schon vor der Anordnung einer Betreuung besser geholfen werden können. Hier plädieren wir für eine enge Zusammenarbeit mit den Sozialbehörden. Eine genauere Ausgestaltung dieser Hilfen und weiteren Möglichkeiten ist zu prüfen.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Schwartze, MdB

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