Frage an Stefan Ruppert von Eberhard S. bezüglich Finanzen
Zypern-Banken-Rettung
Sehr geehrter Dr. Ruppert,
in wenigen Tagen werden Sie über die Rettung der Banken in Zypern abstimmen. Diese Banken sind stark verdächtigt der Schwarzgeldbunkerung, Hilfen für Steuerhinterzieher und für Gelder russischer Oligarchen. Auf http://www.bankofcyprus.com/ ist z.B,. nachzulesen, dass diese Bank Vertretungen auf den britischen Kanalinseln hat. Wir können uns wohl denken warum.
Die 10 Milliarden € wären pro Kopf der zypriotischen Bevölkerung ca. 13.000 €. Würde jetzt Deutschland einen Hilfsantrag stellen, dann wären dies bei gleicher Quote mehr als 1 Billion €.
Oder um bei den Zahlen zu bleiben, die Hilfe würde ca. 55 % des BIPs von Zypern bedeuten.
Wie werden Sie abstimmen? Und was ist Ihre Begründung?
Mit freundlichen Grüßen
Eberhard Steinmetz
Sehr geehrter Herr Steinmetz,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch zum Hilfspaket für Zypern. Das Beispiel Zypern hat leider einmal mehr gezeigt, dass wir die Staatsschuldenkrise in Europa noch lange nicht überwunden haben. Jahrzehntelanges Misswirtschaften und Schuldenmachen lässt sich bedauerlicherweise nicht von heute auf morgen beheben. Ein langer Weg liegt in Europa noch vor uns. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) und gerade mit dem Fiskalpakt, der die hohen Verschuldungsgrade mittel- bis langfristig zurückführen wird, die richtigen Weichen gestellt haben.
Ein prägender Grundgedanke bei vergangenen Entscheidung für Hilfspakete war stets, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist. Der hilfeersuchende Staat muss seinerseits auch bereit und in der Lage sein, die nötigen Maßnahmen zur Lösung der drängenden Probleme zu ergreifen, um auf dem schnellsten Weg wieder auf eigenen Beinen stehen zu können. Dieses Leitmotiv hat sich auch im Fall Zypern durchgesetzt. Allerdings hat die Regierung in Nikosia die Staatengemeinschaft der Eurogruppe auf eine harte Probe gestellt. So hat die dortige Koalition den eigenen Vorschlägen zur Erbringung eines Finanzierungsanteils im Parlament die Zustimmung zunächst verweigert. Die harte Verhandlungsführung und das Beharren seitens der Eurogruppe auf dem von Zypern selber zu erbringenden Finanzierungsanteil von rund 13 Mrd. Euro hat sich letztlich jedoch als erfolgreich erwiesen. Dieser Betrag muss nun hauptsächlich von denjenigen aufgebracht werden, die von einem fragwürdigen Geschäftsmodel Zyperns mit hohen Renditen und laxer Bankenaufsicht zuvor profitiert haben.
Im beschlossenen Hilfsprogramm werden nun die Ursachen des fiskalpolitischen Niedergangs Zyperns wirksam bekämpft werden. Somit wird eine Gefährdung der Stabilität der Eurozone insgesamt vermieden werden. Hierzu gibt es im Wesentlichen drei Handlungsfelder, die nun konsequent angegangen werden sollen:
Erstens wird es eine Restrukturierung des Bankensektors geben. Im Sinne einer fairen Lastenteilung müssen sich nun Eigentümer, Gläubiger und Einleger der Banken an den Kosten der Bankenrestrukturierung beteiligen. Der zyprische Bankensektor wird nachhaltig verkleinert, wobei es auch zu kontrollierten Abwicklungen nicht überlebensfähiger Geldinstitute kommen kann. Die Größe des einheimischen Bankensektors soll auf EU-Durchschnitt sinken. Ohne eine Verringerung der Größe des weit überdimensionierten Bankensektors würden dauerhaft hohe Risiken für die Solvenz des zyprischen Staates bestehen bleiben. Des Weiteren haben wir Liberalen darauf gedrängt, dass Kleinsparer geschützt werden sollen. Unser Argument hat sich durchgesetzt; Einlagen sind bis zu einer Höhe von 100.000 Euro gesichert. Durch eine angemessene Beteiligung höherer Einlagen müssen „Großkunden“ aus Russland und Großbritannien einen Beitrag zur Restrukturierung Zyperns leisten.
Zweitens werden umfangreiche Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung ergriffen. So werden in Zypern endlich Strukturreformen für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit umgesetzt und überflüssige Staatsausgaben gestrichen. Zudem wird es nun zu umfangreichen Privatisierungen von Staatsbeteiligungen sowie Vermögensveräußerungen kommen. Das haben wir Liberalen stets gefordert.
Drittens werden die drängenden Probleme rund um das Thema Geldwäsche ebenso angegangen. Hierzu ist geplant, dass internationale Standards nicht nur umgesetzt, sondern auch deren Einhaltung laufend von unabhängigen Institutionen überprüft werden wird.
Im Gegenzug zu den Sanierungsleistungen hat die Eurogruppe Zypern ein Finanzhilfeprogramm gewährt. Dieses ESM-Programm für Zypern ist auf insgesamt 10 Mrd. Euro begrenzt. Das Geld wird aber nicht zur Rekapitalisierung der Laiki Bank oder der Bank of Cyprus verwendet werden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) als Teil der Troika hat das Programm von Anfang an mit begleitet und gestaltet. Der IWF trägt die Schuldentragfähigkeitsanalyse mit und hat auch angekündigt, sich mit voraussichtlich insgesamt 1 Mrd. Euro an den Programmkosten zu beteiligen. Dadurch würde der Anteil der Eurozone von bis zu 10 Mrd. Euro entsprechend sinken.
Im Ergebnis muss in Zypern eine realistische Perspektive zur Erlangung eigener Wettbewerbsfähigkeit geschaffen werden. Hierzu ist eine positive Schuldentragfähigkeitsanalyse unumgänglich. Die Schuldentragfähigkeitsanalyse der Troika zeigt, dass der Schuldenstand bei Umsetzung des Programms zunächst auf 126% des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2015 ansteigen würde. Danach soll er bei Programmumsetzung bis zum Jahr 2020 auf rd. 104 % des BIP sinken. Die Troika bewertet diese Schuldenstandentwicklung als tragfähig. Damit sind die Voraussetzungen für eine Gewährung des Hilfsprogramms an Zypern erfüllt.
In der Summe habe ich dem Hilfspaket für Zypern zugestimmt, da die Balance aus Solidarität einerseits und Zwang zu strukturellen Reformen sowie haushaltspolitischer Sanierung andererseits gewahrt ist. Das Beispiel Zypern hat uns gezeigt, dass sich im Euroraum staatliche Geschäftsmodelle auf Kosten Dritter nicht dauerhaft rentieren. Wir Liberalen begrüßen es, dass jetzt ein marktwirtschaftlich und ordnungspolitisch weit besseres Ergebnis erreicht werden konnte als es zunächst von der zyprischen Regierung vorgeschlagen wurde. Es werden diejenigen Eigentümer und Gläubiger herangezogen, die in den vergangenen Jahren von unverantwortlich hohen Zinsen profitiert haben. Und es werden gleichzeitig die Inhaber von kleineren Sparguthaben ausreichend geschützt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen die Beweggründe, die mich zur Zustimmung des Hilfspakets für Zypern bewogen haben, näherbringen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Stefan Ruppert, MdB