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Frage von Wilfried H. •

Frage an Stefan Ruppert von Wilfried H. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Herr Dr. Rupert,
ich habe eine einfache Frage, die Antwort darauf ist vermutlich schwierig: warum kann man nicht die Spekulation mit Nahrungsmittel verbieten?
Mit freundlichen Grüssen
Wilfried Hoffer

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Sehr geehrter Herr Hoffer,

vielen Dank für ihre Frage, ob Nahrungsmittelspekulationen verboten werden können. Ich stimme Ihnen zu, dass es einer angemessen Regulierung der Agrarmärkte bedarf. Die Bundesregierung setzt sich bereits auf europäischer Ebene und im Rahmen der G 20 intensiv für mehr Transparenz und angemessene Regulierung auf den Finanzmärkten ein. Darüber hinaus müssen wir uns jedoch fragen, ob ein Verbot von Nahrungsmittelspekulationen Preisschwankungen und -steigerungen bei Nahrungsmitteln wirklich verhindern kann.

In der öffentlichen Debatte wird dies oft mit großer Mehrheit bejaht. Dabei wird allerdings allzu oft übersehen, dass die Probleme bezüglich der Preisschwankungen auf dem Nahrungsmittelmarkt einen anderen Ursprung haben, der Handel mit Rohstoffen hingegen der Landwirtschaft zugutekommt.

Lassen Sie mich dies an einem Beispiel verdeutlichen. Ein Landwirt verkauft sein Getreide regelmäßig auf dem sogenannten Kassamarkt. Dort wird ihm der tagesaktuelle Preis für sein Getreide geboten. Wenn der Landwirt nun befürchtet, der jeweilige Getreidepreis könnte bis zur Ernte fallen, ist es ihm möglich auf dem sogenannten Terminmarkt mit einem „Spekulanten“ einen Vertrag zu einem Festpreis abzuschließen. So kann der Landwirt sich gegen den befürchteten Preisverfall absichern. Dies ermöglicht ihm eine sichere Kalkulation der Einnahmen, was die Angebotsbedingungen verbessert und die Lebensmittelproduktion im Allgemeinen erhöht.

Die Kritik richtet sich zum größten Teil aber auch nicht gegen die Terminmärkte als solche, sondern nur gegen bestimmte Formen, die die Kritiker für die steigenden Lebensmittelpreise verantwortlich machen. Diese Termingeschäfte, die im Zusammenhang mit strukturierten Finanzgeschäften erfolgen, welche es auch Kleinanlegern ermöglichen zu spekulieren, sollen laut der Kritik für den teilweise massiven Anstieg der Lebensmittelpreise verantwortlich sein. Die Handlungen der Vertragspartner auf dem Terminmarkt können aber nur dann den realen Preis der Erzeugnisse auf dem Kassamarkt anheben, wenn der Warenverkehr auf dem Kassamarkt beeinflusst wird. Eine solche Beeinflussung könnte sich z. B. durch Lagerhaltung ergeben, bei der Landwirte ihr Getreide einlagern, um später höhere Preise zu erzielen. Studien haben jedoch bewiesen, dass die Lagerhaltung nicht angestiegen ist, auch nicht im Zeitraum des massiven Preisanstiegs von 2008. Weitere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass den hohen „Indexspekulationen“ immer eine Preiserhöhung vorangeht. Die Probleme ergeben sich daher weniger aus der Nahrungsmittelspekulation als aus der Ressourcenknappheit auf den Agrarproduktmärkten, z. B. aufgrund von Missernten.

Dennoch arbeitet die Regierungskoalition an der Entwicklung internationaler Maßnahmenbündel mit, die u.a. verbindliche Positionslimits - eine Obergrenze für die Anzahl der abschließbaren Verträge - sowie kurzfristige Handelsunterbrechungen bei extremen Preisbewegungen und Produktinterventionen vorsehen. Ebenso soll die Transparenz auf den Märkten für Agrarderivate erhöht werden, z.B. durch die Registrierung kommerzieller Händler.

Ein allgemeines Verbot von Nahrungsmittelspekulationen halte ich aber nicht für sinnvoll, da es nicht den gewünschten Erfolg erzielen würde und unter Umständen die Nahrungsmittelversorgung verschlechtern kann.

Ihre Frage reiche ich dennoch gerne in die entsprechenden Gremien meiner Fraktion weiter, um die interne und externe Auseinandersetzung mit dem Thema zu verstärken.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Stefan Ruppert, MdB