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Stefan Ruppert
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Frage von Volker R. •

Frage an Stefan Ruppert von Volker R. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Ruppert,

erlauben Sie mir, Sie als Volksvertreter meines Wahlkreises nach Ihrer Meinung zu einer Legalisierung der Zirkumzision bei nicht-einwilligungsfähigen Jungen zu fragen.

Meinen Sie, dass ein archaischer Ritus wie eine - medizinisch nicht indizierte - männliche Genitalverstümmelung ein höheres zu wahrendes Rechtsgut darstellt als das im Grundgesetz verankerte "Recht auf körperliche Unversehrtheit"?

Vielen Dank vorab für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
Volker R.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Radek,

vielen Dank für Ihre Frage und das damit verbundenen Interesse an der religionspolitischen Arbeit der FDP-Bundestagsfraktion. Ich bin nicht der Meinung, dass die Knabenbeschneidung ein archaischer Ritus ist. Die jüdischen und muslimischen Eltern lassen ihr Kind beschneiden, um ihr Kind in ihre Religionsgemeinschaft aufzunehmen. Der Akt der Beschneidung gilt im jüdischen Glauben als Eintritt in den Bund mit Gott. Sie ist daher eine entscheidende Voraussetzung für die Teilnahme am religiösen Leben und damit für die Möglichkeit das Judentum zu praktizieren. Im muslimischen Glauben hat die Beschneidung einen vergleichbaren Stellenwert. Eine Strafbarkeit der Beschneidung in Deutschland könnte zu einer familiären Ausgrenzung des Kindes führen, da es bis zu einem gewissen Alter außerhalb der elterlichen Religionsgemeinschaft aufwachsen würde. Aufgrund der fehlenden religiösen Mitwirkungsmöglichkeiten ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass das Kind seelische Schäden davon trägt. Zudem setzt man das Kind einer viel größeren gesundheitlichen Gefahr aus, wenn Eltern und Ärzte hier eine strafrechtliche Verfolgung befürchten. Denn dadurch wird die Beschneidung nicht unterlassen. Viele Eltern sähen sich gezwungen, ihre Kinder von nicht medizinisch ausgebildeten Personen im Ausland beschneiden zu lassen. Die damit für das Kind verbundenen gesundheitlichen Risiken können nicht im Sinne des Kindes sein.
Auch erscheint es vor dem Hintergrund unserer Geschichte nicht angemessen, dass Deutschland das einzige Land weltweit wäre, das Juden und Muslime durch ein Verbot der Beschneidung in ihrem Recht auf Religionsausübung derart gravierend einschränkt.
Für viele Menschen ist die Religionszugehörigkeit und freie Religionsausübung eine wesentliche Komponente ihrer Identität. Diese hat neben dem Recht auf körperliche Unversehrtheit einen eigenen Stellenwert.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Stefan Ruppert MdB