Frage an Stefan Ruppert von Kirsten B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Ruppert,
Vor Monaten war in der FDP Konsens, dass eine geregelte Staateninsolvenz möglich sein soll.
Sie haben nun dem ESM zugestimmt.
Deshalb möchte ich Ihnen folgende Fragen stellen
1.)
Spanische „Bankenrettung“ - Realwerte
Werden mir mit meinem ESM-Beitrag zur Rettung spanischer Banken, Eigentums-Anteile von "notleidender" spanischen Immobilien grundbuchrechtlich gutgeschrieben?
Wie soll der eigentumsrechtliche Übergang stattfinden?
Wer Ist für eine grundbuchrechtliche Sicherung von notleidenden spanischen Immobilien zuständig?
2.)
Steuerrecht
ESM-Beiträge sind Investitionen außerhalb des Bundesstaates Deutschlands,
Wie kann ich den ESM-Beitrag steuerlich geltend machen?
welches Steuerrecht ist anzuwenden?
Wird linear oder degressisv abgeschrieben?
3.)
Kontrolle und Gewährleistung
Wer überprüft spanische Banken, damit ESM-Gelder entsprechend verwendet werden?
Können Sie ausschließen, dass spanische Immobilien nicht mehrmals „verkauft“ werden?
4.)
Verantwortung gegenüber dem Wähler
Italien wird bis 2014 ca 650 Mrd. € an Finanzhilfen durch den ESM benötigen,
Spanien bis 2014 ca. 330 Mrd. € Hilfsgelder, für die deutsche Steuerzahler anteilig
zahlen und über den ESM an spanische und italienische Banken weitergeleitet werden.
Dieses Szenario war allen Beteiligten vor der ESM-Abstimmung im DBT vom 29.06.2012 bekannt.
Wie werden Sie es verantworten können, vor den DBT zu treten und mich mit
Anteilen der vor genannten Summen als Schuldner belasten zu wollen?
5.)
Straftatbestand
Die Bonität Deutschlands beruht zurzeit noch darauf, dass keine oder
geringe Refinanzierungszinsen gezahlt werden müssen. Ansonsten ist die
Gesamtverschuldung hoch. Das wird sich mit Zustimmung zu ESM ändern, so
dass das Gesamtschuldenverhältnis Deutschlands schlechter ist als das
Spaniens. (Siehe Punkt 4.)
Ist Ihrer Ansicht zu überlegen, ob der Straftatbestand der
Konkursverschleppung durch Mitglieder des DBT mit Zustimmung zu ESM zu
prüfen wäre?
Sehr geehrte Frau Baum,
vielen Dank für Ihre Fragen auf www.abgeordnetenwatch.de. Aus Ihren Fragen lese ich Ihre Unzufriedenheit über die derzeitige Situation mit Blick auf die Rettungsmaßnahmen in der Eurozone. Ich empfinde die momentane Lage ebenfalls als sehr schwierig. Dennoch halte ich in dieser kritischen Sachlage den Fiskalvertrag und den Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) grundsätzlich für die geeignetsten Instrumente, um sowohl kurzfristig als auch langfristig den Weg zu finanzpolitischer Stabilität in der Eurozone zu ebnen. Der ESM dient der kurzfristigen Stabilisierung von in Not geratenen Staaten, um die Stabilität in der Eurozone insgesamt zu bewahren. Der Fiskal-Vertrag soll in Ergänzung dessen gewährleisten, dass es in Zukunft nur noch tragfähige Staatshaushalte in der Eurozone und damit letztlich keine Notfälle für den ESM mehr geben wird. Beide Verträge sind daher zwei Seiten derselben Medaille.
Mit dem ESM wird ein deutliches Signal für Stabilität, Solidität und Kontinuität innerhalb Europas gesetzt. Er gewährleistet, dass die temporäre Schwäche einzelner Staaten sich nicht zu einem Flächenbrand in der gesamten Eurozone ausweiten kann. Auch der ESM fußt auf dem Grundsatz, dass Solidarität nur bei entsprechender fiskalpolitischer Solidität gewährt werden kann. Leistungen des ESM dürfen daher auch nur von Staaten beansprucht werden, die die Vorgaben des Fiskal-Vertrages umsetzen.
Sie sprechen in Ihren Fragen den Fall Spanien an. Das Land hat zur Rettung seines Bankensektors Hilfen aus dem vorläufigen Rettungsschirm EFSF beantragt. Die Eurogruppe hat Spanien ein Darlehensrahmen von 100 Mrd. Euro zugebilligt, der den geschätzten Kapitalbedarf und eine zusätzliche Sicherheitsmarge deckt. Darüber wird der Bundestag in der kommenden Sitzungswoche abstimmen. Mit Ausnahme weniger Kreditinstitute können sich die spanischen Banken nicht mehr zu tragbaren Konditionen an den Märkten refinanzieren. Dadurch sind die Banken inzwischen stark von der Refinanzierung durch das Eurosystem abhängig. Zudem ist die Kreditaufnahmefähigkeit der spanischen Banken stark durch Rating-Herabstufungen aufgrund mangelnder Sicherheiten eingeschränkt. Spanien wird das Darlehen aber nur bekommen, wenn es sich im Gegenzug zu strengen Auflagen verpflichtet. Diese umfassen sowohl eine Reform des Bankensektors als auch Strukturreformen zur Reduzierung des Haushaltsdefizits. Bei der künftigen Auszahlung der Tranchen werden die Kommission, die EZB und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde sehr genau darauf achten, dass Spanien die detaillierten Auflagen des Darlehens erfüllt. Dass die spanische Regierung gewillt ist, diese Auflagen zu erfüllen, hat unter anderem die Ankündigung des milliardenschweren Sparpakets von 65 Mrd. Euro gezeigt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen meine Haltung mit Blick auf die Eurorettungsmaßnahmen und das spanische Hilfeersuchen näher bringen konnte, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Stefan Ruppert, MdB