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Stefan Ruppert
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Frage von Alexander B. •

Frage an Stefan Ruppert von Alexander B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Ruppert.
In den Medien wird dieser Tage berichtet, dass auf Initiative der Union der FDP und der SPD das Rederecht im Bundestag für „unliebsame“ Politiker eingeschränkt werden soll. Im Klartext scheint dies ja einem regelrechten Redeverbot für „Andersdenkende“ gleichzukommen. Ist es nicht ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Demokratie, dass man auch über strittige Themen diskutieren können sollte? Ist es nicht ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Demokratie, dass man öffentlich seine Meinung sagen darf, selbst wenn diese von der Mehrheit anders gesehen wird? Bisher habe ich mich wenigstens noch von einigen, leider sehr wenigen Politikern (Herren Schäffler, Wilsch, Gauweiler etc.) zum Thema EURO-Rettungs-Wahnsinn im Bundestag halbwegs vertreten gefühlt. Wie soll ich aber zukünftig noch annehmen können, dass hier eine kontroverse politische Diskussion möglich ist? Als langjähriger (bisheriger) Wähler Ihrer Partei bin ich über dieses Vorhaben ziemlich geschockt. Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt und werden Sie dieses Vorhaben unterstützen? Vielen Dank für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Bitzer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Bitzer,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf www.abgeordnetenwatch.de zu den Rederechten im Deutschen Bundestag. Ich stimme Ihnen zu: Das Rederecht ist ein wichtiges Recht des Abgeordneten und ein bedeutender Grundbaustein unserer Demokratie. Als Liberaler will ich besonders für Minderheiten und ihre Rechte eintreten. Daran darf sich auch in Zukunft nichts ändern.

Die diskutierten Änderungsvorschläge haben ihren Ursprung in der Debatte zur Schuldenkrise vom 29. September 2011. Damals gaben eine Vielzahl von Abgeordneten der Linkspartei noch nach der abgeschlossenen Abstimmung mündliche Erklärungen ab. Diese aneinander gereihten Redebeiträge wichen in keinster Weise von den Meinungen der anderen Abgeordneten der Linken ab. Zudem war die SPD verärgert darüber, dass abweichende Abgeordnete ihrer Fraktion anders als die der CDU und FDP von Herrn Lammert beim Rederecht nicht berücksichtigt worden waren. So kam die Idee auf, eindeutigere Regelungen zu treffen. Die Neuregelung sollte das Rederecht für „Abweichler“ erstmals in der Geschäftsordnung des Bundestags verankern, um es nicht von der Entscheidung des Bundestagspräsidenten und der Fraktionen abhängig zu machen. Herr Lammert ist in meinen Augen ein vorzüglicher Bundestagspräsident. Unter manchem Vorgänger wurden diese Dinge aber wesentlich parteipolitischer gehandhabt. Eine Absicherung des Minderheitenrechts wäre deshalb sinnvoll, muss aber im breiten Einvernehmen geregelt werden.

Neben der Garantie für Minderheitenrechte muss aber auch klar sein, dass nicht jeder zu jedem Thema sprechen kann. Wenn bei 50 Tagesordnungspunkten in der Woche jeder nur 2 Minuten redet, dann dauert die Debatte mehr als 1000 Stunden. Diese Rechnung mag unrealistisch sein, sie zeigt aber das Problem auf. Ich wäre dafür, eher weniger, aber dafür wichtige Anträge mit mehr Zeit zu beraten.

Es wird in dieser Legislaturperiode allerdings zu keinen Änderungen in der Geschäftsordnung des Bundestags bezüglich des Rederechts kommen. Nach internen Beratungen sind wir zum Schluss gekommen, dass aufgrund der teilweise sehr emotional und auf unvollständigen Informationen geführten öffentlichen Debatte eine Reform des Rederechts nicht mehr weiter zu verfolgen. Seien Sie gewiss, dass ich immer für die Unabhängigkeit des Abgeordneten und sein Rederecht eintreten werde.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Stefan Ruppert, MdB