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Stefan Ruppert
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Frage von Helmut E. •

Frage an Stefan Ruppert von Helmut E. bezüglich Finanzen

Es ist kein Geheimnis, dass die Finanzwirtschaft täglich das 100- bis 1000-fache der zur Unterstützung der Real-Wirtschaft notwendigen Transaktionen tätigt. Solche Transaktionen dienen also ganz überwiegend nicht der Wirtschaft, sondern der Spekulation. Wieso stellt sich die FDP - wie am 6.5.2010 wieder geschehen - so vehement gegen die Einführung einer überaus mäßigen Finanztransaktionssteuer (0,05% ist vorgeschlagen), die die Wirtschaft nicht spüren würde, aber die ausufernde Spekulation recht effektiv dämpfen würde? Was schadet der Wirtschaft denn mehr als Finanzblasen und Finanzkrisen, die durch eine ungezügelte Spekulation zwangsläufig entstehen? Demgegenüber wäre diese Steuer für die reale Wirtschaft kaum bemerkbar. Wollen Sie denn lieber die unproduktive "Finanzindustrie" schützen?

Auf Ihre Argumente bin ich sehr gespannt.
Mit freundlichem Gruß,
Helmut Ernst

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Ernst,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf www.abgeordnetenwatch.de vom 7. Mai 2010 bezüglich einer möglichen Finanztransaktionssteuer.

Wie Sie in Ihrer Frage richtig darstellen hat die aktuelle Krise verdeutlicht, dass im Finanzmarktsystem Änderungen dringend erforderlich sind, um dessen Krisenresistenz zu stärken. Vor allem Spekulationen gegen einzelne Länder und Währungen müssen zukünftig unterbunden werden. Kein Finanzmarkt und kein Finanzmarktprodukt darf ohne Regulierung, Aufsicht und Haftung bleiben. Strenge Regeln müssen schon im Interesse unserer sozialen Marktwirtschaft geschaffen und aufrechterhalten werden. Deswegen hat sich die FDP-Bundestagsfraktion in einem ersten Schritt für die Errichtung einer unabhängigen europäischen Rating-Agentur und die Regulierung bestehender Rating-Agenturen stark gemacht, um Ratings zukünftig vollkommen transparent zu machen. So soll auch ausgeschlossen werden, dass Beratungs- und Bewertungsleistungen weiterhin in einer Hand liegen. Für uns Liberale ist es aber auch wichtig, dass die Verursacher der Krise, die Spekulanten und Gläubiger ihrer Verantwortung gerecht werden und ihren Teil zur Bewältigung der Krise beitragen. Deshalb begrüßen wir als erste Maßnahme den angekündigten freiwilligen Beitrag der Finanzbranche bei den Hilfen für Griechenland. Des Weiteren wird der Finanzsektor mit der Einführung einer risikobezogenen Bankenabgabe selbst Vorsorge für zukünftige Krisen treffen müssen. Für eine nachhaltige Bewältigung der Krise sind jedoch weitergehende Präventionsmaßnahmen erforderlich.

In der öffentlichen Diskussion in den letzten Wochen ist die von Ihnen angesprochene Finanztransaktionssteuer oftmals als weiterer Schritt zur Bewältigung dargestellt worden. Die FDP-Bundestagsfraktion ist jedoch bezüglich der zu erwartenden Folgen einer Finanztransaktionssteuer sehr skeptisch und lehnt diese Maßnahme deshalb ab. Auch der Internationale Währungsfond (IWF) steht in seinem Bericht über faire und substantielle Beiträge des Finanzsektors an der Krisenbewältigung der Einführung einer Finanztransaktionssteuer kritisch gegenüber. Dafür sprechen vor allem zwei wesentliche Gründe: Erstens wäre eine Finanztransaktionssteuer von allen zu entrichten, die an Finanzplätzen Transaktionen veranlassen: private Altersvorsorger, die in Wertpapiere investieren; mittelständische Exporteure, die ausländische Umsätze in Euro tauschen; große Industrieunternehmen, die Rohstoffe für die Produktion beschaffen. So wären vor allem die Bankkunden belastet und weniger die Banken selbst. Die Kosten der Finanztransaktionssteuer müssten erneut von den sparenden Bürgerinnen und Bürger wie z.B. Riestersparern bezahlt werden. Demnach hätte die Einführung der Steuer unabsehbare negative Folgen auf die Realwirtschaft. Zweitens würde eine Finanztransaktionssteuer auf deutscher und europäischer Ebene wirkungslos bleiben. Nach Ansicht des IWF setzt sie nicht bei den Ursachen der Krise an, sondern dient ausschließlich fiskalischen Zwecken. Außerdem würde eine global uneinheitliche Finanztransaktionssteuer sehr wahrscheinlich Abwanderungen in unregulierte Finanzplätze hervorrufen. Hier besteht die Gefahr, dass die Steuer den deutschen Finanzplatz nachhaltig schädigen und tausende Arbeitsplätze vernichten könnte. In Großbritannien, das von Befürwortern der Finanztransaktionssteuer oftmals als Beispiel angeführt wird, gibt es zudem zahlreiche Ausnahmen für die Erhebung der Steuer.

Im Gegensatz zu einer Finanztransaktionssteuer hat der IWF eine Financial Activity Tax (FAT) in die Diskussion eingebracht. Diese verfolgt den Ansatz, dass bestimmte finanzielle Aktivitäten, die sich entweder bei übermäßigen Gewinnen oder bei übermäßigen Gehältern auswirken, mit einer Abgabe zu versehen. Die FAT hat einen besseren Steuerungseffekt, weil sie verhindert, dass bestimmte Akteure am Finanzmarkt ausschließlich schnelle Gewinne machen, damit sich diese in kurzfristigen Quartalszahlen und somit in Bonizahlungen niederschlagen. Vielmehr soll die FAT dazu beitragen, dass nicht das schnelle Geld und ein gutes Quartalergebnis zählen, sondern ein vernünftiges Wirtschaften über einen längeren Zeitraum. Somit würde die FAT auch nicht jedes Geschäft besteuern wie es bei einer Finanztransaktionssteuer der Fall wäre. Die Spareinlagen der Bürgerinnen und Bürger für die Daseins- und Altersvorsorge blieben deshalb unangetastet. Mehrbelastungen für Riestersparer und kleinen Inhabern von Lebensversicherungen würden durch die FAT nicht entstehen. Im Unterschied zu einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer würde die FAT zielgenau diejenigen Spekulanten zur Verantwortung ziehen, die durch ihre übertriebenen Aktivitäten die derzeitige Krise mit hervorgerufen haben. Die FDP-Bundestagsfraktion wird deshalb nun sorgfältig prüfen, ob und wie sich die Einführung der FAT realisieren ließe. Gleichwohl werden wir auch die Realisierung der Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene prüfen.

In der Hoffnung, Ihr Anliegen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Dr. Stefan Ruppert