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Frage von Mario R. •

Frage an Stefan Müller von Mario R. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik

Sehr geehrter Herr Müller,

meine Frage an Sie bezieht sich auf den Artikel 17 der anstehenden EU-Urheberrechtsreform:

Glauben Sie, dass eine Reform nach jetzigen Plänen die Nutzung des Internets und dessen Kultur in nicht unerheblicher Weise einschränken bzw. verändern wird?

Genauer würden die neuen Reformen zu neuen Auflagen führen, durch welche die Inhaber von Internetseiten und -plattformen für die von Nutzern hochgeladenen Inhalte haftbar gemacht werden können. Dadurch nehmen viele eine Art Filter beim Hochladen von Dateien wie Bildern oder Videos auf großen Internetplattformen an, da die schiere Menge an hochgeladenen Inhalten nicht anders überprüft werden könnte. Gehen Sie hier also von unerwünschten Nebeneffekten aus, welche die Nutzung von Internetseiten de facto deutlich erschweren oder möglicherweise sogar eine Art der Zensur herbeiführen könnten?

Vielen Dank,

Mario Reiser

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Antwort von
CSU

Sehr geehrterHerr Reiser,

vielen Dank für Ihr Schreiben zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes. Wir sind Ende März in die parlamentarischen Beratungen des Deutschen Bundestags zu diesem Vorhaben eingestiegen.

Damit werden wir nicht allein die zugrundeliegende Richtlinie umsetzen. Wir sorgen vielmehr für die dringend erforderliche Modernisierung des Urheberrechts und der Anpassung des Urheberrechts an den digitalen Binnenmarkt. Die Veröffentlichung von nutzergenerierten Inhalten auf sozialen Netzwerken ist für Millionen Menschen in diesem Land gelebte Praxis und bedarf eines rechtssicheren Rahmens für die vielen Kreativen und Konsumenten im Internet. Gleichzeitig stehen mit den veränderten Nutzungsmöglichkeiten urheberrechtlich geschützter Inhalte in der digitalen Wirklichkeit von Online-Plattformen und sozialen Interaktionsräumen steht der Urheberrechtsschutz vor ganz neuen Herausforderungen. Bei der Umsetzung der Richtlinie verfolgen wir das zentrale Anliegen, den Einsatz von Uploadfiltern durch die Online-Plattformen soweit wie möglich unnötig zu machen. Dabei können wir den Einsatz von Uploadfiltern allein durch gesetzliche Vorgaben nicht gänzlich verhindern. Mit einem umfangreichen Mechanismus, über den Nutzer und Rechteinhaber ihre Interessen sichern können, setzen wir die Urheberrechtsrichtlinie so um, dass Overblocking von vornherein verhindert werden kann.

Grundstein für einen Interessenausgleich zwischen Nutzern sowie Autoren, Künstlern und anderen Rechteinhabern ist die Einführung der Plattformverantwortlichkeit für die Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Inhalte durch ihre Nutzer bei gleichzeitiger umfassender Lizenzierung und Möglichkeiten zur Nutzung von nutzergenierten Inhalten. Rechteinhaber haben künftig einen Ansprechpartner, wenn durch die Veröffentlichung nutzergenerierter Inhalte Urheberrechte im Netz verletzt werden. Denn eines ist klar: Offensichtliche Urheberrechtsverletzungen wie den Upload aktueller Blockbuster, erfolgreicher Musiktitel oder bedeutender Sportereignisse sollen die Plattformen auch künftig als unerlaubte Nutzung nicht zulassen.

Zugleich hat die Interaktion vieler Millionen Nutzer und Kreativer über Online-Plattformen grundlegende Bedeutung für die Meinungsbildung und Kommunikation in unserer Gesellschaft erlangt. Damit ist der freie Austausch von Meinungen und Informationen im Netz unter besonderen Schutz zu stellen. Hierfür werden für alltägliche, politische und künstlerische Ausdrucksformen unterschiedlichste Werke genutzt. Diese sind zum Teil urheberrechtlich geschützt. Die konkrete urheberrechtliche Bewertung bei der Verwertung urheberrechtlich geschützter Inhalte auf den werbefinanzierten Plattformen ist oft nicht ohne Weiteres auseinanderhalten. Deshalb begegnen wir Gefahren eines Overblocking durch die Online-Plattformen gleich auf mehreren Ebenen.

Grundlage ist, dass wir rechtlich erlaubte Nutzungen ermöglichen und urheberrechtswidrige Nutzungen nicht ermöglichen wollen. Die Verpflichtung der Diensteanbieter, bestmögliche Anstrengungen zu unternehmen, für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke Lizenzen zu erwerben, ist dafür das zentrale Instrument. Sie müssen dazu mit Rechteinhabern, Labels oder auch Verwertungsgesellschaften in Kontakt treten. Auf diese Weise sollen möglichst viele Veröffentlichungen grundsätzlich möglich gemacht und die Zahl der Veröffentlichungen nicht lizenzierter Inhalte von vornherein geringgehalten werden.

Angesichts der Bedeutung bestimmter Inhalte für die öffentliche Meinungsbildung und mit Blick auf die Beherrschbarkeit der Datenmengen, die täglich von Nutzern im Netz veröffentlicht werden, sollen Uploads unter bestimmten Voraussetzungen künftig als rechtmäßig gelten – als „erlaubte Nutzungen“. Erfasst davon werden insbesondere Kunstformen wie Parodie, Satire oder Karikatur, deren Veröffentlichung durch die Diensteanbieter wir ganz grundsätzlich ermöglichen wollen. Hier wird für die Kunstform des Pastiche eine neue urheberrechtliche Schranke eingeführt. Zugleich wird mit der Kategorie „mutmaßlich erlaubte Nutzungen“ ein Weg beschritten, die öffentliche Wiedergabe von Inhalten unter bestimmten Voraussetzungen zu erlauben. Dazu wird eine Geringfügigkeitsschwelle für die rechtmäßige Veröffentlichung von Inhalten geschaffen. Diese Verwertungsmöglichkeiten der Rechteinhaber werden neuerdings durch die Plattformen vergütet. Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Geringfügigkeitsschwellen werden wir auf ihre Praxistauglichkeit hin und auf ihre Auswirkungen auf die Verwertung durch die Rechteinhaber hin überprüfen. Hierbei werden wir neben der Abwägung des Interessenausgleichs zwischen Nutzern und Rechteinhabern auch auf die technische Umsetzungsmöglichkeit der Geringfügigkeitsschwellen in Betracht ziehen.

Um den Interessen von Rechteinhabern, Nutzern und Plattformen im Einzelfall gerecht zu werden, schlägt die Bundesregierung ein mehrschichtiges Verfahren vor, in dem die Beteiligten ihre Rechte geltend machen können. Mit Kennzeichnungsmöglichkeiten beim Upload von Inhalten (Pre-Flagging) sowie Beschwerde- und Schlichtungsmöglichkeiten soll der Praxis ein handhabbares Verfahren zur Verfügung gestellt werden.

Beim Update des Urheberrechts müssen wir auch die Interessen der Diensteanbieter im Blick behalten. Die digitalen Geschäftsmodelle der Plattformen dürfen nicht in unverhältnismäßiger Weise erschwert werden. Dies gilt insbesondere für digitale Start-ups oder nicht-kommerziellen Zwecken wie Wikipedia, die auch einem besonderen Schutz durch die Richtlinie unterworfen sind.

Das Urheberrecht an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts anzupassen, ist eine immense Herausforderung, die allen Beteiligten viel abverlangen wird. Im parlamentarischen Verfahren werden wir im Austausch mit Wissenschaft und Praxis beraten, wie wir im Herzen Europas das Urheberrecht mit der digitalen Realität vereinen.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Müller MdB