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Stefan Müller
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Frage von Sami A. •

Frage an Stefan Müller von Sami A. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Müller,

ich mußte in den vergangenen Jahren leidliche Erfahrungen an bayerischen Gerichten (OLG Nürnberg und FG Amberg) sammeln. Da Sie Abgeordneter eines bayerischen Wahlkreises sind, interessiert mich Ihre Haltung zu zwei familienrechtlichen Themen besonders.

1. Strafbarkeit von Umgangsboykott
In Frankreich wird Umgangsboykott strafrechtlich verfolgt (Code Pénal Article 227-5). In Deutschland hingegen, kann man mit § 1684 (2) BGB als Grundlage nur zivilrechtlich dagegen angehen. Im Unterschied zu einem strafrechtlichen Paragraphen ist also eine Verurteilung bei Verstoß unwahrscheinlicher, was die abschreckende Wirkung des Paragraphen erheblich abschwächt. Meiner Meinung nach ist dies ein Indikator dafür, daß in diesem Aspekt die Beziehung des Kindes zu seinen Eltern vom französischen Staat als schützenswerter angesehen wird, als es der deutsche Staat tut.
Wie stehen Sie zu einer Einführung eines solchen strafgesetzlichen Paragraphen? Würden Sie selber einen solchen Gesetzesantrag vorbringen?

2. Automatische geteilte Sorge ab Geburt für unverheiratete Paare
Die Sorgerechtsregelung bei unverheirateten Paaren ist für Männer sehr nachteilhaft. Männer sind in der Regel vom Wohlwollen der Mutter abhängig, ohne Einverständnis der Mutter ist die Erlangung der geteilten Sorge in der Realität nicht möglich. Ich sehe darin weder die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau verwirklicht (Art. 3 (2) GG), noch sehe ich darin, daß andere Modelle des Zusammenlebens respektiert werden. Dabei ist es ausdrücklich im Koalitionsvertrag festgehalten, daß kein Familienmodell vorgeschrieben wird (siehe Seite 19 des Koalitionsvertrags).
Welch enorme Auswirkung diese gesetzliche Schieflage hat, wird durch den bekannten und skandalösen Fall Görgülü deutlich.
Darüberhinaus ist in Frankreich die gemeinsame Sorge ab Geburt bereits jetzt Realität.
Wie stehen Sie zur geteilten Sorge ab Geburt des Kindes bei unverheirateten Paaren?

Mit freundlichen Grüßen,

S. A.

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Sehr geehrter Herr A.,

das Thema „Umgangsverweigerung“ ist vermutlich einer der sensibelsten Bereiche im Umgangsrecht. Wenn sich ein Elternteil dazu entschließt, dem anderen Elternteil den Umgang mit dem eigenen Kind zu verweigern, ist das eine sehr belastende Situation für alle Beteiligten. Sie sind gerechtfertigt, wenn triftige Gründe, wie beispielsweise Gewalt, Missbrauch oder die Gefahr einer Entführung vorliegen. Problematisch ist es hingegen, wenn diese Umgangsverweigerung lediglich aus einer negativen, zwischenmenschlichen Beziehung der Eltern heraus motiviert ist.

Um letzteren Fall zu verhindern, regelt § 1684 BGB das Umgangsrecht des Kindes und der Elternteile. Diese Norm verfolgt u.a. den Zweck, die Beziehung zwischen dem minderjährigen Kind und dem Elternteil zu schützen, der nicht sorgeberechtigt ist oder lediglich vom betreuenden Elternteil getrennt lebt. Es ist wichtig sich vor Augen zu führen, dass das Umgangsrecht also nicht dazu da ist, um beiden Elternteilen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben des Kindes zu ermöglichen.

Sollte es im Falle eines Umgangsboykotts zu keiner einvernehmlichen Einigung zwischen den Eltern kommen, entscheidet das Gericht am Ende des Umgangsverfahrens darüber. Sollte auch trotz dessen der Umgang nicht gewährt werden, besteht die Möglichkeit eine Umgangspflegschaft beim Familiengericht zu beantragen. Dieser Umgangspfleger hat dann die Umsetzung des gerichtlich entschiedenen Umgangs mit dem Kind entsprechend durchzusetzen. Ultima Ratio im deutschen Umgangsrecht ist bislang die Vollstreckung des Umgangs gemäß § 89 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Hierin sind die Ordnungsmittel festgelegt, die das Gericht bei einem boykottierten Umgang anordnen kann. Darunter sind zum einen das Ordnungsgeld und zum anderen die Ordnungshaft zu fassen. Das Ordnungsgeld kann sich auf bis zu 25.000 Euro belaufen. Als allerletztes Mittel besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Anordnung einer Ordnungshaft durch das Gericht. Allerdings wird diese zu Recht sehr restriktiv angewendet.

Wie Sie sehen, gibt es bereits schon heute entsprechende Instrumente, mithilfe derer, der Umgangsboykott ausreichend sanktioniert werden kann. Aus diesem Grund sehe ich derzeit keinen Bedarf an einer strafrechtlichen Sanktionierung.

Ferner darf ich auf den zweiten angesprochenen Aspekt eingehen. Auch ich bin der Ansicht, dass es in den meisten Fällen das Beste ist, wenn Mutter und Vater gemeinsam die Erziehung des Kindes übernehmen – auch im Falle der Trennung der Eltern. Ich befürworte aus diesem Grund auch bei unverheirateten Eltern, die gemeinsame Sorge als Leitbild. Voraussetzung ist jedoch in allen Fällen immer, dass sich die gemeinsame elterliche Sorge in erster Linie nach den Bedürfnissen des Kindes ausrichtet und auch im Sinne des Kindeswohls ist.

Laut des Gesetzes zur elterlichen Sorge können auch ledige Väter beim Familiengericht die Mitsorge beantragen. Zwar ist es so, dass die Mutter diesen Antrag stellen muss – sollte sie sich jedoch nicht äußern, kann das gemeinsame Sorgerecht nach der Neuregelung im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens erteilt werden. Sollte die Mutter dem gemeinsamen Sorgerecht widersprechen, ist es erforderlich, dass sie hierfür Gründe vorträgt, aus denen sich eine Gefährdung für das Kindeswohl ableiten lassen. Für den Fall, dass diese Gründe haltlos sind, greift dieser eingelegte Widerspruch der Mutter nicht. Es wurde durch diese Regelungen die Rolle der ledigen Väter gesetzlich gestärkt.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Müller