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Stefan Müller
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Frage von Lorenz B. •

Frage an Stefan Müller von Lorenz B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Müller

wie haben Sie in der Vergangenheit über die Griechenland-Hilfen im Bundestag gestimmt? Sind Sie ein Befürworter oder Gegner der Geschenke an Griechenland?

Mit freundlichem Gruß
L.Blanke

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Blanke,

mein Abstimmungsverhalten können Sie ja gut hier auf abgeordnetenwatch.de nachvollziehen.

Den jüngsten Griechenlandhilfen habe ich zugestimmt, weil die Folgen eines Zusammenbruchs Griechenlands nach allem was wir wissen von größtem Nachteil für den Rest von Europa und insbesondere auch für Deutschland wären.

Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass Griechenland wirklich nicht zu beneiden ist. War dieses geschichtsreiche, wunderschöne Land noch vor wenigen Jahren eines der bevorzugten Urlaubsländer der Deutschen, genügt mittlerweile schon die Erwähnung des Namens, um bei manche Einem handfeste Aggressionen auszulösen.

Der Deutsche Bundestag hat zuletzt neue Hilfen für Griechenland beschlossen, weil wir mehrheitlich der Überzeugung sind, dass vermeintliche oder tatsächliche Alternativen nicht geeignet wären, die Interessen Deutschlands zu schützen und Griechenland wirklich zu helfen. Allem Wahlkampfgeklingel des SPD-Kanzlerkandidaten zum Trotz, konnte sich die Opposition dieser Haltung letztlich auch nicht verschließen und stimmte dem neuerlichen Hilfspaket ebenfalls zu.

Denn es bleibt nach wie vor richtig, dass wir in Deutschland das größte Interesse an einem Fortbestand des Euro und einer stabilen EU haben müssen -- und zwar nicht nur, weil wir als Exportnation auf die Vorteile des gemeinsamen Marktes angewiesen sind, sondern vor allem, weil die EU und auch die gemeinsame Währung sichtbarer Ausdruck der friedlichen Entwicklung Europas seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind, die unseren Wohlstand erst möglich machen.

Es wäre auch ein desaströses Signal, wenn das demokratische Europa ausgerechnet die Wiege der Demokratie fallen ließe -- auch wenn über das eigene Verschulden der Griechen an der Misere ihres Landes keinerlei Zweifel bestehen kann.

Insbesondere wir in der CDU/CSU haben von Griechenland neben schnellen, konkreten Sparmaßnahmen immer wieder tiefgreifende strukturelle Reformen gefordert und tun dies weiter, weil Solidarität keine Einbahnstraße sein kann.

Griechenland ist inzwischen auf dem richtigen Weg, muss aber noch riesige Hürden überwinden. Nach dem Bericht der so genannten Troika ist aber deutlich geworden, was die griechische Regierung seit der letzten Wahl auf den Weg gebracht hat:

·Griechenland hat sein Haushaltsdefizit zwischen 2009 und 2012 um fast zwei Drittel reduziert!

·Griechenland hat bei den Lohn- und Gehaltskosten der öffentlichen Verwaltung, die lange als eine Art leistungsunabhängiger Versorgungsapparat fungierte, massive Einschnitte vorgenommen und rationalisiert den öffentlichen Sektor weiter!

·Griechenland mutet seinen Bürgern auch im Bereich der Renten erhebliche Kürzungen mit einem Volumen von 4,8 Milliarden Euro im Jahr 2013 zu, die zwar sachlich vollkommen gerechtfertigt und unbestreitbar notwendig sind, individuell aber als ungerecht wahrgenommen werden!

·Griechenland hebt das Renteneintrittsalter gleichzeitig mit sofortiger Wirkung von 65 auf 67 Jahre an!

·Griechenland sorgt für eine Erhöhung der Steuereinnahmen um mindestens 1.668 Mio. EUR im Jahr 2013 und weitere 1.820 Mio. EUR ab 2014 durch Anhebung der Gebühren für Gerichtsverfahren, eine Erhöhung der Steuern auf die Tätigkeit von Schiffseignern, Reduzierung der Mehrwertsteuererstattung für Landwirte, Abbau der Subventionierung der Dieselverbrauchssteuer für Landwirte, Vereinheitlichung der Verbrauchssteuer auf Flüssiggas und Dieselkraftstoff durch Anhebung der Flüssiggassteuer, Vereinheitlichung der Sozialversicherungsbeiträge durch Anhebung der Obergrenze für Arbeitnehmer, die vor 1993 erstmals beschäftigt waren, auf den Wert für Arbeitnehmer, die nach 1993 erstmals beschäftigt waren, eine Reform der Tabaksteuer, Einführung einer Steuer auf Lottospiele und Erhöhung des Steuersatzes auf Zinserträge für Sparguthaben.

·Griechenland setzt bis Ende Dezember 2012 eine Steuerreform in Kraft, mit dem Ziel einer Vereinfachung des Steuersystems. Dazu gehören eine Bedürftigkeitsprüfung bei Familienzulagen zur besseren Ausrichtung von Leistungen nach dem tatsächlichen Bedarf, die Abschaffung von Steuergutschriften und Präferenzsystemen, womit eine Erweiterung der Basis und Sicherung einer Einnahmesteigerung von rund 1,8 Milliarden Euro erzielt werden soll.

Es gäbe eine Fülle weiterer Beispiele, die den Rahmen dieser Antwort sprengen würden. Allein die genannten Beispiele zeigen aber die Ernsthaftigkeit der griechischen Anstrengungen. Kein Zweifel: Griechenland ginge es besser, wenn es diese Reformen in der Vergangenheit langsam durchgeführt hätte, statt sie nun in einem derart massiven Crash-Programm in die Tat umsetzen zu müssen. Wichtig ist aber angesichts der potenziellen Auswirkungen eines griechischen Scheiterns nicht mehr, was in der Vergangenheit durch wessen Schuld falsch lief, sondern allein, dass jetzt das Nötige getan wird.

Und: Niemand hierzulande wird sich vorstellen wollen, welche Protestwelle Deutschland erfassen würde, müssten wir bei uns vergleichbar drastische Reformen durchführen!

Angesichts der nicht zu bestreitenden Anstrengungen Griechenlands seit Amtsantritt der Regierung Samaras müssen wir aber nun auch zu unserem Wort stehen: Wir helfen, wenn Griechenland beginnt, seine Probleme an der Wurzel zu packen und solange es diese Reformen ernsthaft verfolgt.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Müller MdB