Frage an Stefan Müller von Hedwig R. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Müller,
Könnten Sie uns bitte, Ihre Ansicht zu der Frage mitteilen, ob Sie die unseres Erachtens absolut notwendige und mögliche Überwindung der Institution Krieg – wie Carl Friedrich von Weizsäcker (1912-2007) es schon 1986 forderte - für möglich halten. Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Ausführung.
Sehr geehrte Frau Raskob,
zunächst würde mich interessieren, für wen Sie sprechen, wenn Sie in Ihrer Frage die Mehrzahl benutzen. Es wäre nur fair, wenn Sie hier für Transparenz sorgten.
Zu Ihrer Frage stelle ich zunächst fest, dass ich es für schwierig halte, Krieg als Institution zu sehen. Dieser Begriff erscheint mir in diesem Zusammenhang eindeutig zu statisch zu sein.
Kriege sind immer bis zur Gewaltausübung eskalierte (und weiter eskalierende) Konflikte. Sie sind also immer das Ergebnis dynamischer, nicht selten bereits lange schwelender Auseinandersetzungen zwischen Menschen (bzw. Gesellschaften, Staaten, Mächten), die gegensätzliche Haltungen zu Fragen einnehmen, welche alle Konfliktparteien betreffen. Es handelt sich also schon bei der Entstehung von Kriegen um prozesshafte Erscheinungen und Kriege selbst sind ebenfalls hochdynamische Prozesse, in deren Verlauf ein Interessenausgleich tendenziell immer schwieriger wird.
Es geht also letztlich immer um die Frage, ob man bereit ist Wege zu suchen, Konflikte ohne Rückgriff auf Gewaltmittel zu lösen. Demokratie ist ein Konzept, das den permanenten friedlichen Interessenausgleich innerhalb einer Gesellschaft zum Ziel hat und dabei sehr erfolgreich ist. Deshalb gibt es auch keine Kriege zwischen Demokratien, bzw. sie sind je nach Definition extrem selten.
Angescihts dieser Erwägungen muss also das Ziel sein, friedlichen Interessenausgleich auch als oberstes Prinzip der Staatengemeinschaft zu verankern und entsprechende verpflichtende Konfliktlösungsmechanismen zu etablieren. Das ist allerdings wiederum ein langwieriger globaler Prozess, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg aber bedeutende Fortschritte erzielt worden sind. Dies hat aber leider noch nicht dazu geführt, dass sich die eigentlich allgemein befürwortete Ächtung von Krieg als Mittel zur Konfliktlösung immer und in allen Fällen durchgesetzt hätte.
Ich befürchte leider auch, dass es zwischen Menschen zu Konflikten kommen wird, solange es Menschen gibt. Unter Ihnen werden wohl auch immer solche sein, die zur Durchsetzung ihres Standpunkts bereit sind Gewalt zu üben.
Eine Überwindung des abstrakten Konzepts "Krieg" hinge aber eben davon ab, dass ALLE Menschen ihn als prinzipiell untauglich zur Konfliktentscheidung ansehen. Das ist aber wohl leider utopisch.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Müller, MdB