Frage an Stefan Müller von Peter K. bezüglich Wirtschaft
Grüß Gott Herr Müller,
mit dem sog. Wachstumsbeschleunigungsgesetz reduzieren Sie den Steuersatz für Hoteliers um 12 Prozent. Nach allen Aussagen der Hotelverbände werden nur ein sehr kleiner Teil der Hoteliers diese Steuersenkung als Preissenkung weitergeben, die überwiegende Mehrheit wird die Steuerdifferenz einfach behalten. Dies führt zum einen zu Steuermindereinnahmen, zum anderen aber auch dazu, dass ich als selbständiger Unternehmer zukünftig 12 Prozent mehr für Hotels ausgeben muss, da ich nur noch sieben statt neunzehn Prozent Mehrwertsteuer rückerstattet bekomme - und das macht jährlich alleine für mich einen vierstelligen Betrag aus.
Meine Frage dazu: Warum unterstützen Sie eine Berufsgruppe wie die Hoteliers derart massiv auf Kosten anderer Berufsgruppen und auf meine (und auf Kosten des Staatshaushalts). Dass Hoteliers mehr unter der Wirtschaftskrise leiden als andere Berufe kann aus meiner Sicht nicht nachgewiesen werden, auch Systemrelevanz scheidet ja wohl als Begründung aus. Also warum zwingen Sie mich und alle anderen Geschäftskunden mit dieser Änderung, mehr für Übernachtungen zu bezahlen, schmälern damit unser Einkommen und erhöhen das der Hoteliers?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Krauß
Sehr geehrter Herr Krauss,
angesichts der immer noch anhaltenden Wirtschaftskrise hat sich die Bundesregierung entschlossen, ein steuerliches Sofortprogramm mit Maßnahmen zur Stärkung der Unternehmen zum 1. Januar 2010 umzusetzen. Ebenso wollen wir bereits zum 1. Januar 2010 Familien mit Kindern stärker unterstützen. Diese Vorhaben werden mit dem Wachstums-beschleunigungsgesetz umgesetzt.
Bürger und Unternehmen werden um insgesamt rd. 8,5 Mrd. EUR entlastet. Darüber hinaus werden alle Bürger zum 1. Januar 2010 mit den bereits beschlossenen Maßnahmen des Konjunkturpaketes II (Anhebung Grundfreibetrag von 7.834 EUR auf 8.004 EUR, Rechtsverschiebung des Tarifs um 330 EUR) und des Bürgerentlastungsgesetzes (verbesserte Absetzbarkeit der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) um weitere 14 Mrd. EUR entlastet.
Nun konkret zu der von Ihnen angesprochenen Absenkung des Mehrwertsteuersatzes bei reinen Beherbergungsleistungen im Hotel- und Gastronomiegewerbe von 19 % auf 7 %. In den parlamentarischen Beratungen haben wir diese Maßnahme intensiv geprüft und dabei alle Hinweise und Argumente einbezogen. Nach Abwägung aller Umstände haben wir uns für diese Maßnahme entschieden, weil wir damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Hotel- und Gastronomiegewerbes im erforderlichen Umfang stärken. Bitte bedenken Sie, dass der ganz überwiegende Teil der europäischen Mitbewerber des deutschen Hotel- und Gastronomie-gewerbes hier bereits ermäßigte Mehrwertsteuersätze erhebt.
Die DEHOGA hat Ende März dieses Jahres 5.700 Hoteliers und Gastronomen befragt, wie sie den Umsatzsteuervorteil bei einer Steuersenkung von 19 % auf 7 % verwenden würden. Das Ergebnis zeigt, dass positive Wirkungen zu erwarten sind. 46,4 % des Steuervorteils würden gemäß der Befragung in Investitionsmaßnahmen fließen und wäre somit sofort wachstums-fördernd. Ein weiterer Teil des Steuervorteils (rund 20 %) würde an die Kunden weitergegeben, dadurch würde beim qualitativ hochwertigen deutschen Angebot auch die Preise attraktiver werden.
22 % des Steuervorteils würden als Qualifizierungsmaßnahme oder Lohnsteigerung den Arbeitnehmern zu Gute kommen, dadurch könnte die Branche auch in strukturschwachen Gebieten wettbewerbsfähigere Löhne zahlen. Der Vorteil, welcher beim Unternehmen verbleibt, stärkt deren Eigenkapitalbasis. Dies ist ein gerade in Krisenzeiten nicht zu unterschätzender Vorteil.
Die überwiegende Anzahl der aktuell geltenden Mehrwertsteuerermäßigungen geht auf das Jahr 1968 zurück. Der Katalog der ermäßigten Mehrwertsteuersätze ist deshalb nicht mehr zeitgemäß. Im Koalitionsvertrag haben wir hierzu eine klare Festlegung getroffen. Dort heißt es: "Daneben gibt es Handlungsbedarf bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen. Benachteiligungen gehören auf den Prüfstand. Aus diesem Grund wollen wir eine Kommission einsetzen, die sich mit ... dem Katalog der ermäßigten Mehrwertsteuersätze befasst."
Wir sollten zunächst die Arbeiten und Ergebnisse dieser Kommission abwarten. Ich möchte nochmals zu bedenken geben, dass es sich bei der Mehrwertsteuersenkung für die Hotellerie nur um einen Teilaspekt des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes handelt, das in seiner Gesamtwirkung allen Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen entgegenkommt.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Müller, MdB