Frage an Stefan Kaufmann von Sabine H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kaufmann,
gemäß EU-Richtlinie 1169/2011, die Ende 2014 in Kraft treten wird, müssen Restaurants in ihren Speisekarten alle in den Speisen vorhandenen Allergene (aus einer Liste von zur Zeit 14) aufführen. Kreativität und Spontanität bei der Zubereitung der Speisen ist damit nicht nur unmöglich, es wird unzweifelhaft auch dazu führen, dass vermehrt Fertigprodukte bei der Speisenzubereitung verwendet werden, um den Anforderungen der Richtlinie zu genügen.
Diesbezüglich habe ich eine Frage an Sie:
Sind Sie der Auffassung, dass im Rahmen der Subsidiarität die EU in diesem Bereich und in diesem Umfang eine Regelungskompetenz hat? Falls nein: Was haben oder werden Sie gegen die Machtüberschreitung der EU in diesem Fall unternehmen? Falls Sie nichts unternehmen: Warum nicht?
Herr Kaufmann, Sie sind freigewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestag. Sie wurden auch demokratisch gewählt. Heute kommen jedoch ca. 80 % aller Gesetze und Verordnungen aus Brüssel. Viele (auch das o. g. Beispiel) davon gelten unmittelbar und ohne Ratifizierung durch den Bundestag. Andere müssen zwar förmlich in deutsches Recht umgesetzt werden, jedoch droht bei Nichtumsetzung eine Strafe der EU.
Dazu meine zweite Frage:
Als freigewählter und vor allem demokratisch gewählter Abgeordneter - stimmt dieser Zustand und die damit verbundene "Entmächtigung" Ihres Amtes mit Ihrem Verständnis der Aufgaben eines freien und demokratisch gewählten Vertreter des deutschen Volkes überein?
Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Hawald
Sehr geehrte Frau Hawald,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Verordnung 1169/2011 gilt in der Tat ab Dezember 2014 unmittelbar, ohne dass sie in nationales Recht umgesetzt werden muss; sie wird aber auch den Bundestag nicht beschäftigen. Nahrungsmittel dürfen in der EU frei gehandelt werden; deswegen halte ich eine einheitliche Kennzeichnung insbesondere der verpackten Lebensmittel für richtig.
Eine schriftliche Kennzeichnungspflicht der Allergene unverpackter Lebensmittel in Restaurants halte ich für praktisch kaum durchführbar.
Am besten werden Allergiker meines Erachtens dadurch geschützt, dass sie im Zweifel mündlich beim in der Regel kundigen Servicepersonal erfragen, ob ein bestimmtes Allergen in der Speise enthalten ist. In Zweifelsfällen weiß der Koch vor Ort Bescheid, welche Zutaten er verwendet hat.
Ich hoffe, dass sich diese Interpretation der in der Verordnung vorgesehenen Auskunftspflicht in der normalen Gastronomie durchsetzt. Ansonsten würde das Subsidiaritätsprinzip verletzt. Eine Klage der betroffenen Gastronomen wäre mit großer Wahrscheinlichkeit die Folge.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Stefan Kaufmann