Frage an Stefan Kaufmann von Katja R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Kaufmann,
mich interessiert Ihre Meinung zu einem Monitorbericht vom 6.6.13.
Dort geht es um so genannte „Investitionsschutzabkommen“. Internationale Verträge, mit denen Großkonzerne ihre Interessen gegenüber Staaten, an Gerichten vorbei, durchsetzen können.
http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2013/0606/recht.php5
Wieso gibt es solche Abkommen, die meinem Verständniss (und nicht nur meinem) von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit völlig zuwider laufen?
Können Sie also Mitglied des Ausschusses für Technifolgenabschätzug auch Kosten, die sich durch solche Verfahren ergeben in Ihre Abschätzung aufnehmen?
Wieso wird eine Änderung auf EU Ebene ausgerechnet von Deutschland blockiert?
Ich hoff auf eine aufschlussreiche Antwort.
Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgeabschätzung ist für Investitionsschutzabkommen nicht zuständig. Ich möchte Sie zudem bitten, sich an Ihre/n für Bad Säckingen zuständigen Abgeordnete/n zu wenden.
Investionsschutzabkommen sind meist bilaterale Verträge, die ausländische Investitionen und Investoren vor unrechtmäßigen Eingriffen wie Enteignungen schützen sollen. Im deutschen Interesse sind sie deshalb, weil sehr viele deutsche Firmen unter Geltung teilweise komplizierter Rechtssysteme im Ausland investieren. Das Kohlekraftwerk Moorburg (Investitionsvolumen 2,6 Milliarden Euro) wurde 2008 von Hamburgs Umweltsenatorin Anja Hajduk (Grün-Alternative-Liste) genehmigt, obwohl die Grünen im Wahlkampf geworben haben, es zu verhindern. Erst danach kam es zum Rechtsstreit vor dem Washingtoner Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten (ICSID). Regierungen schieben gerne unpopuläre Entscheidungen Dritten in die Schuhe. Es ist aber falsch, dass das Kraftwerk allein auf Grund dieser Klage gebaut werden darf. Es darf aufgrund einer politischen Entscheidung einer grünen Umweltsenatorin gebaut werden.
Ob die Klage von Vattenfall gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Atomausstiegs erfolgreich sein wird, ist fraglich. Investitionsschutzabkommen verbieten den Gaststaaten Regulierungen sowie den Zugriff auf ausländisches Vermögen nicht generell. Zudem scheint die Klagehöhe übertrieben, weil die alten Kraftwerke schon abgeschrieben wurden.
Beim Punkt der „Fehlenden Öffentlichkeit“ gebe ich Ihnen Recht. Auch die genannten Schiedsgerichte sollten durchweg öffentlich tagen. Die Intransparenz in diesem Bereich halte ich für ein großes rechtsstaatliches Problem.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Stefan Kaufmann