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Stefan Kaufmann
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Frage von Gerald B. •

Frage an Stefan Kaufmann von Gerald B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sie haben sich Intensiv zu Stuttgart 21 geäußert, jetzt kann man wirklich geteilter Meinung sein zu diesen Projekt. Jedoch würde mich Ihre Meinung jetzt zu den völlig überzogenen Polizeieinsatz von heute Interessieren. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,720581,00.html

"Was sollen unsere Kinder vom Staat halten, der sie von der Straße spritzt?"

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Sehr geehrter Herr Baltrusch,

vielen Dank für Ihre Frage. Gerne will ich zu den Geschehnissen vom 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten Stellung beziehen.

In den letzten Wochen habe ich weitestgehend friedlichen Protest gegen Stuttgart 21 erlebt. Die meisten Demonstrantinnen und Demonstranten haben die Polizeikräfte für deren besonnenes Handeln gelobt.

Fassungslos habe ich die Bilder vom vorvergangenen Donnerstag zur Kenntnis genommen, die ich in dieser Form in meiner Heimatstadt Stuttgart noch nicht gesehen habe – und die sich nicht wiederholen dürfen. Wie konnte es nach Wochen des friedlichen Protests dazu kommen?

Ich habe keine Zweifel, dass der Polizeieinsatz grundsätzlich notwendig war. Auch kann ich verstehen, dass die Polizei angesichts der Zahl der zu erwartenden Demonstranten und angekündigtem zivilem Ungehorsam entsprechend vorbereitet war.

Die dennoch bestehenden Zweifel einiger Demonstrantinnen und Demonstranten, ob der Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Wahl der polizeilichen Mittel insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen im Laufe des schwierigen Einsatzes hinreichend berücksichtigt wurde, werden gegebenenfalls gerichtlich überprüft.

Es erreichen mich im übrigen auch etliche Nachrichten über das Verhalten von Demonstrantinnen und Demonstranten, das zur Eskalation beigetragen habe. Hinzu kommt, dass Schutzbefohlene möglicherweise bewusst großen Gefahren ausgesetzt wurden. Dies alles muss aufgeklärt werden.

Wer trägt die Schuld? Für beide Seiten war diese Frage sofort beantwortet: Die jeweils andere Seite ist schuld. Nicht eine Sekunde wurde inne gehalten, um die Ereignisse und die eigene Rolle zu hinterfragen. Zwischentöne werden kaum noch geduldet und auch ich selbst werde aufgrund dieser Stellungnahme wieder wütende Reaktionen erhalten. Ich bin nicht der Ansicht, dass Ministerpräsident Stefan Mappus „Blut sehen will“, wie es der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, zwischenzeitlich behauptete. Ich bin gleichzeitig auch nicht der Ansicht, dass es sich bei den Demonstrantinnen und Demonstranten überwiegend um gewaltbereite Chaoten handelt und werde mich in Ihrem Sinne für eine friedliche Lösung einsetzen.

Erlauben Sie mir einen Hinweis in der konkreten Sache, dem Fällen der Bäume: Maximal 282 müssen im Schlossgarten weichen, etwa 30 werden versetzt. Auf den frei werdenden Gleisflächen im künftigen Rosensteinviertel werden rund 5.000 neue Bäume gepflanzt. Insgesamt stehen in Stuttgart rund 100.000 Bäume, davon 35.000 im Straßenraum und 65.000 in Grünanlagen, auf Spielplätzen und Naturschutzgebieten. Davon stehen wiederum etwa 3.880 Bäume in den Schlossgärten und im Rosensteinpark. Jährlich werden in Stuttgart in der vegetationsfreien Zeit rund 800 Park- und Straßenbäume gefällt und wieder aufgeforstet, um den Bestand zu erhalten.

In diesem Zusammenhang ärgert mich der Umstand, dass in Hamburg von der dortigen grünen Umweltsenatorin für den Bau einer neuen Stadtbahn insgesamt 280 Bäume gefällt werden müssen ( http://www.mopo.de/2010/20100926/hamburg/politik/gruene_holen_axt_raus.html ). Dort protestieren die in Stuttgart so vehement auftretenden grünen Politiker aber nicht. Da ich davon ausgehe, dass Bäume in Hamburg und Stuttgart gleichermaßen schützenswert sind, muss es unter anderem daran liegen, dass in der Hansestadt im kommenden Jahr keine Landtagswahl stattfindet.

Die Ereignisse machen mich jedenfalls sehr traurig. Seit langem bin ich mit den Projektgegnern im Dialog. Deeskalation in Wort und Tat sind nun gefragt.

Um es deutlich zu sagen: Ich freue mich über den von unserem Ministerpräsidenten Stefan Mappus eingeschlagenen Weg, dem unberechtigterweise schlimmste Unterstellungen gemacht wurden. Heiner Geißler als Vermittler halte ich für eine gute Lösung; er ist als Schlichter erfahren genug, um die beiden Seiten auf eine neue Verständigungsebene zu bringen - wenngleich der Start als unglücklich bezeichnet werden muss. Ministerpräsident Stefan Mappus hat sich zu umfangreichen Zugeständnissen bereit erklärt. Er beweist damit, dass ihm der gesellschaftliche Zusammenhalt am Herzen liegt. Dies ist auch mir ein großes Anliegen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Stefan Kaufmann

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