Frage an Stefan Frünke von Stefanie Diaz D. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Frünke,
die derzeitige Praxis in Sachsen bei den möglichen Bildungswegen sieht die Trennung zwischen Mittelschule und Gymnasium nach der 4. Klasse vor.
Dem Wahlprogramm der FDP habe ich entnommen, dass sie in dieser Zeitpunkts-
festlegung auf eine früheste Trennung nach Klasse 5 orientieren - also frühestens
ab Klasse 6.
Nach meiner Meinung läge der günstigste Zeitpunkt erst nach Klasse 7 - also mit
Beginn der achten Klasse.
Einerseits sind die Schüler ab Lebensalter 13/14 besser in der Lage Ihren eigenen
Bildungsfortgang zu definieren und anderseits würde damit auch wieder das Leistungsniveau im Mittelschulbereich angehoben, da die "Spitzen" die Klassen-
verbände erst zur 8. Klasse verlassen würden.
Was halten Sie von meiner Meinung bzw. natürlich auch Ihre sächsische FDP.
Ich würde mich freuen, eine Antwort von Ihnen zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Stefanie Diaz Diaz, Limbach-Oberfrohna
Sehr geehrte Frau Diaz Diaz,
Bildung ist eine Kernaufgabe der Gesellschaft. Ich freue mich, dass Sie sich zu dieser Problematik über das Kandidaten-Portal abgeordnetenwatch.de an mich wenden.
Deutschland und damit auch Sachsen ist ein rohstoffarmes Land. Um in Zukunft weltmarksfähig zu bleiben, können wir nicht auf derart viele Bodenschätze zurückgreifen, wie manch andere Staaten. Unser "Rohstoffpotential" liegt in den Köpfen der Menschen. Es genügt also nicht, auf dem Gebiet der Bildung Mittelmaß zu sein. Ziel ist es, im internationalen Vergleich der Bildungsergebnisse Spitzenplätze zu belegen. Auch wenn die letzte PISA-Studie für Sachsen recht gute Ergebnisse erbracht hat, so sollten wir dies keinesfalls zum Anlass nehmen, mit dem Erreichten zufrieden zu sein. Zum Einen sind derartige Vergleichsstudien nur Momentaufnahmen und unterliegen natürlich statistischen Streuungen, andererseits bin ich der Meinung, dass das sächsische Bildungssystem derzeit alles andere als optimal ist.
Die sächsische FDP, speziell der Landesfachausschuss Bildung, Schule, Berufsausbildung, dem ich seit 2008 angehöre, analysiert laufend den Ist-Zustand der sächsischen Bildungslandschaft. Teilweise zeigen sich fatale Fehlentwicklungen, die die CDU/SPD-Bildungspolitik in den Jahren der großen Koalition verschuldet und damit zu verantworten hat. Korrekturen über Anträge aus der Oppositionsrolle, die die FDP nun mal (noch) einnimmt, waren und sind real nicht durchsetzbar.
Da Bildungspolitik für uns Liberale von außerordentlicher Bedeutung ist, setzen wir alles daran, nach der Landtagswahl am 30.8. unsere konstruktiven Vorschläge in einer möglichen Regierungskoalition zu platzieren.
Sie sprachen in Ihrer Frage speziell das längere gemeinsame Lernen an. Die zur Zeit praktizierte Trennung der Schülerinnen und Schüler für den weiteren Bildungsweg (Realschule bzw. Gymnasium) nach der vierten Klasse ist viel zu zeitig. Über diesen Punkt und damit über den richtigen Zeitpunkt haben wir in der FDP und auch mit Bürgerinnen und Bürgern lange und ausgiebig diskutiert. Im Landeswahlprogramm der sächsischen FDP steht deshalb "...Zukünftig sollen alle Schüler mindestens bis zum Abschluss der Klassenstufe 6 gemeinsam die Schule besuchen..." Damit ist eine klare Verhandlungsposition für mögliche Koalitionsverhandlungen mit der CDU vorgegeben. Wir sind jedoch der Auffassung, dass sich die CDU nicht auf einen noch späteren Zeitpunkt für die Trennung einlassen wird.
Die Festlegung der Klassenstufe zur Trennung für den Realschul- bzw. gymnasialen Bildungsweg ist aber bei weitem nicht der einzige Punkt, der im sächsischen Bildungssystem reformiert werden muss. Ich denke da zum Beispiel an die aufgeweichten Zugangsbedingungen zum Gymnasium, die schnellstens wieder zurück genommen werden sollten.
Ich denke aber auch an die unsägliche Schulschließungspolitik der letzten Jahre. Sachsen muss sich davon lösen, Bildungspolitik nach Kassenlage zu betreiben. Der Schulförderschlüssel muss auf den Prüfstand. Schulschließung durch die Hintertür, in dem einfach der Geldhahn zugedreht wird, muss der Vergangenheit angehören. Dazu gehört übrigens auch ein kostenloser Schülertransport, wie es die FDP-Fraktion gefordert hat. Eltern dürfen nicht bestraft werden, dass Schulen geschlossen und Schulwege länger wurden.
Aber auch die frühkindliche Bildung muss neu überdacht werden. Unsere Kinder brauchen dringend einheitliche Voraussetzung beim Schulstart - nur so ist Chancengerechtigkeit gegeben.
Und wir brauchen hochmotivierte und engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die diesen verantwortungsvollen Beruf wieder als Berufung wahrnehmen und dafür auch die entsprechende Anerkennung finden. Nur so kann die Abwanderung von Lehrern direkt nach dem Lehramtsstudium gestoppt werden. Der sich in nächster Zeit verstärkende Lehrermangel im Sachsen wird uns vor extreme Herausforderungen stellen. Es ist keine Zeit für taktische Spielchen der Vergangenheit, hier ist Handeln gefragt.
Allen Bürgerinnen und Bürgern muss klar sein, dass Versäumnisse bei der Bildung und Erziehung junger Menschen, deren weiteres Schicksal beeinflussen. Chancen bei der Berufswahl und die Integration in die Gesellschaft hängen davon ab. Wir können und dürfen uns nicht mit Mittelmaß zufrieden geben, denn es geht um die Zukunft - jedes Einzelnen und der Gesellschaft.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage weitestgehend beantwortet habe und wünsche uns allen einen konstruktiven Dialog für deutliche Verbesserungen in der Bildungspolitik.
Herzlichst - Ihr Stefan Frünke !
(Meine Schwerpunkte zu diesem und anderen Politikfeldern finden Sie hier:
www.fruenke.de/fdp/ziele.html )